Stichtag

23. Mai 2009 - Vor 60 Jahren: Das Grundgesetz wird unterzeichnet

Das weiße Gebäude der Bonner Pädagogischen Akademie, direkt am Rhein gelegen, ist dem Anlass gemäß festlich geschmückt. Ein Riesenaufgebot an in- und ausländischen Pressevertretern begleitet den Einzug der geladenen Gäste, vorbei an den wehenden Flaggen der deutschen Länder. Im großen Saal, in dem zwei Wochen zuvor der Parlamentarische Rat dem Grundgesetz zugestimmt hat, ergreift Ratspräsident Konrad Adenauer um 17.00 Uhr das Wort: "Heute, am 23. Mai 1949, beginnt ein neuer Abschnitt in der wechselvollen Geschichte unseres Volkes. Heute wird nach der Unterzeichnung und Verkündung des Grundgesetzes die Bundesrepublik Deutschland in die Geschichte eintreten." Dann setzt der 73-Jährige als Erster seinen Namen unter das historische Dokument, gefolgt von den übrigen 62 Rats-Abgeordneten. Nur die beiden kommunistischen Vertreter Max Reimann und Heinz Renner weigern sich lautstark, "die Spaltung Deutschlands" zu unterschreiben.

Eingeleitet wird die Geburt der Bundesrepublik ein Jahr zuvor in Frankfurt am Main. Erstmals seit Kriegsende konferieren dort die drei westlichen Militärgouverneure mit den gerade eingesetzten Ministerpräsidenten der deutschen Länder über die politische Zukunft des zerstörten Deutschland. Um den Westen des Landes zu einer handlungsfähigen demokratischen Einheit zusammenzuschließen, weisen die Alliierten die Ministerpräsidenten an, spätestens bis zum 1. September 1948 eine Verfassungsgebende Versammlung einzuberufen. Pünktlich zum verordneten Datum und während der Berlin-Blockade durch die Sowjetunion beginnen 65 stimmberechtigte Abgeordnete, darunter vier Frauen, im Saal des Bonner Museums Koenig mit den Beratungen. Ein Großteil hat schon in der Weimarer Nationalversammlung für die Demokratie gestritten, doch mit Fragen des Verfassungsrechts kennen sich nur die Wenigsten aus. So klärt der Staatsrechtler und SPD-Abgeordnete Carlo Schmid die Ratsmitglieder zunächst in einem langen Referat darüber auf, was zu den Aufgaben eines Staates und den Inhalten einer Verfassung gehört.

58 Mal tagt in den folgenden Monaten unter Schmids Vorsitz der Hauptausschuss des Parlamentarischen Rates. Weit über 100 Mal beraten die Unterausschüsse über Themen wie Föderalismus, Schulen und Kirchen, Wahlrecht, Gleichberechtigung und natürlich über die Grundrechte. Aus Sorge darüber, eine "Verfassung" könne die Teilung Deutschlands in zwei Staaten zementieren, entscheiden die Abgeordneten, ihrem Werk den Namen "Grundgesetz" zu geben, um dessen provisorischen Charakter zu unterstreichen. Trotz großer Probleme im Alltag beteiligt sich die Bevölkerung mit 5.131 Eingaben an der Arbeit. Anfang Mai 1949 dann, nach zum Teil heftigen Debatten, erzielt der Parlamentarische Rat endlich Einigkeit über das Grundgesetz, dem die Alliierten ebenso zustimmen wie die Länderparlamente. Nur Bayern lehnt es ab, erkennt es aber zugleich als verbindlich an. Damit ist am 23. Mai 1949 der Weg zur Verkündung der 146 Artikel des Grundgesetzes frei. Mit dem gemeinsam gesungenen Lied "Ich hab' mich ergeben" endet die Feierstunde.

Stand: 23.05.09