9. Mai 1998 - Bundesliga-Aufsteiger Kaiserslautern wird Meister

Die Geschichte des Fußball-Wunders von der Pfalz beginnt im Tal der Tränen. Am letzten Spieltag der Saison 1995/96 besiegelt ein 1:1 in Leverkusen den ersten Bundesliga-Abstieg in der Vereinsgeschichte des 1. FC Kaiserslautern. Trainer Eckhard Krautzun muss seinen Hut nehmen.

Im Monat zuvor hat auch Bayern München seinem Coach Otto Rehhagel den Stuhl vor die Tür gestellt. Rehhagel sei ein Trainer für viele Vereine in der Welt - aber nicht für Weltvereine, ätzt Manager Uli Hoeneß dem gelernten Anstreicher aus Essen hinterher.

Otto, vor seinem Bayern-Desaster noch "der Große" genannt, schwört Rache und heuert in der 2. Bundesliga beim 1. FC Kaiserslautern an. Unter der Fuchtel des knorzigen Alleinherrschers eilen die Lauterer in der Zweitliga-Saison 96/97 wie im Rausch von Sieg zu Sieg.

Direkter Wiederaufstieg

Als Tabellenprimus schafft der FCK den direkten Wiederaufstieg. Dort trifft Rehhagel mit den "Roten Teufeln" gleich am ersten Spieltag auf Bayern München und gewinnt 1:0. Breit grinsend nimmt "König Otto" nach dem Abpfiff auf der Tartanbahn des Olympiastadions die Ovationen der Fans entgegen.

Aber es kommt noch dicker für Bayern-Manager Hoeneß. Vom vierten Spieltag an tanzt der 1. FC Kaiserlautern dem Rivalen als Tabellen-Erster vor der Nase herum. Im Rückspiel auf dem brodelnden Kaiserslauterer Betzenberg fällt dann die Vorentscheidung in der Meisterschaft. Der "Betze" brennt, als Rehhagels Provinztruppe die Millionäre aus München erneut abfertigt, diesmal mit 2:0. Mit einem 4:0 über Wolfsburg am 33. Spieltag macht Kaiserslautern die nicht für möglich gehaltene Sensation vorzeitig perfekt.

Klammheimliche Freude

Eine Woche später, am 9. Mai 1998, ist es amtlich: Der deutsche Meister heißt 1. FC Kaiserslautern. Innerhalb von zwei Jahren absteigen, aufsteigen, Titel gewinnen - das hat es in der Bundesliga-Geschichte noch nie gegeben. Eine "klammheimliche Freude" könne er nicht verhehlen, gesteht Otto Rehhagel mit Seitenblick nach München. Schließlich heiße die Hauptstadt der Fußball-Welt jetzt Kaiserslautern.

Dort herrscht nach dem Schlusspfiff gegen Wolfsburg der Ausnahmezustand. Rund 100.000 FCK-Anhänger inklusive eines mit Fan-Insignien drapierten Ministerpräsidenten Kurt Beck feiern ihre Helden bei der Ankunft vor dem Rathaus.

Nach dem Ende der Ära Rehhagel lösen sich die Träume von einer ruhmreichen Zukunft der "Roten Teufel" allerdings bald in Luft auf. Während Otto Rehhagel in Griechenland mit dem Gewinn der Europameisterschaft das nächste Wunder vollbringt und dafür zum Ehrenbürger von Athen erhoben wird, erlebt der "Betze" wirtschaftlich wie sportlich eine Berg- und Talfahrt. Am Ende der Saison 2005/05 steigt der 1. FC Kaiserslautern zum zweiten Mal ab und muss aktuell sogar den Absturz in die Drittklassigkeit befürchten.

Stand: 09.05.08