Stichtag

28. Juni 2008 - Vor 15 Jahren: Erster Verurteilter nach DNA-Analyse freigelassen

Der US-Amerikaner Kirk Bloodsworth ist verzweifelt, sein Leben ist zerstört. Keinen Cent mehr sei es damals wert gewesen, spricht der Marinesoldat nach seiner Freilassung später in die zahlreichen Mikrophone der Reporter: "Die Menschen schauten mich mit Ekel an. Als ich verurteilt wurde, applaudierte der ganze Gerichtssaal. Die Leute schrieen: 'Jetzt gehst du ins Gas!'"

1984 wird Kirk Bloodsworth wegen der Vergewaltigung und Ermordung eines neunjährigen Mädchens zum Tode verurteilt. Fast neun Jahre lang sitzt er in der Todeszelle. Aber er gibt nicht auf. Sein Hobby wird schließlich zum Lebensretter: 6.000 Bücher liest der Ex-Soldat in der Gefangenschaft, darunter auch eines über die neue Möglichkeit, mit Hilfe eines "genetischen Fingerabdrucks", der DNA-Analyse, die Schuld oder Unschuld eines Verdächtigen nachzuweisen. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Menschen die gleiche Erbsubstanz aufweisen, liegt bei eins zu fünf Milliarden: ein Umstand, der auch die Richter schließlich bewegt, den Fall wieder aufzurollen und die relativ teueren Untersuchungen durchführen zu lassen. Die Polizei vergleicht Bloodsworths DNA mit der Erbsubstanz in den am Tatort sichergestellten Spermaspuren. Ergebnis: beide sind nicht identisch. Am 28. Juni 1993 wird Bloodsworth vor laufenden Kameras nach acht Jahren, elf Monaten und 19 Tagen aus der Haft entlassen.

Seit Bloodworths Entlassung kamen in den USA mehr als 100 unschuldig zum Tode Verurteilte aufgrund einer DNA-Analyse frei. Überhaupt ist der genetische Fingerabdruck heute eine der zuverlässigsten Methoden in der Aufklärung von Verbrechen. Allein in Deutschland wurden seit 1998 rund 55.000 Tötungsdelikte, Vergewaltigungen und Diebstähle auf diese Weise aufgeklärt.

Stand: 28.06.08