Fotomontage: Aufgefächerte Bücher "Pünktchen und Anton", "Emil und die Detektive", "Das doppelte Lottchen", rechts Foto Erich Kästner in Mantel und Hut

Stichtag

29. Juli 2004 - Vor 30 Jahren: Erich Kästner stirbt in München

Als er 75-jährig in München stirbt, hat sich Erich Kästner seit Jahren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und nicht mehr publiziert. Dennoch ist er ein Bestseller-Autor geblieben, und das vor allem für Kinder: "Emil und die Detektive", "Das fliegende Klassenzimmer" oder "Das doppelte Lottchen" erscheinen in 34 Ländern, 40 Sprachen und immer neuen Auflagen. Heimlich setzt er in diesen Geschichten seiner Mutter Amalia ein Denkmal, als deren "Mustersohn" er sich auch als Erwachsener fühlt. Seine Beziehungen zu Frauen und zum eigenen Sohn hat diese Mutterbindung erschwert - sein Erzählen für Kinder hat sie gefördert.


Zunächst ist der gebürtige Dresdener alles andere als ein Kinderbuchautor: Als 18-jähriger Soldat im Ersten Weltkrieg, wird der junge Autor in der Weimarer Republik zu einem Sprecher der "verlorenen Generation". In seinem Roman "Fabian" beschreibt er die Unmöglichkeit, als Moralist in einer aus den Fugen geratenen Welt zu überleben. Seine Gedichtbände ("Herz auf Taille", "Gesang zwischen den Stühlen") verstehen sich als politische "Gebrauchslyrik". In bitteren satirischen Versen geißelt er die Unvernunft der Nationalisten und warnt früh vor der braunen Gefahr: "Ihr und die Dummheit zieht in Viererreih'n in die Kasernen der Vergangenheit."


Als die Nazis seine Bücher 1933 ins Feuer werfen, steht Kästner unerkannt dabei und ballt die Faust in der Tasche. Er bleibt in Deutschland, trotz Schreibverbot, lebt von seinen Veröffentlichungen im Ausland. Einmal darf er anonym ein Filmmanuskript für die Ufa schreiben: "Münchhausen."

Nach dem Krieg gründet Kästner in München zwei Kabarett-Bühnen, für die er Texte schreibt: "Die Schaubude" und "Die kleine Freiheit". Er ist zehn Jahre lang Präsident des Deutschen PEN-Zentrums, erhält 1957 den renommierten Georg-Büchner-Preis. Eine zeitkritische Instanz wie in den 20er Jahren wird der geehrte Autoir jedoch nicht mehr. Seine letzten Werke erzählen für Kinder oder über seine Kindheit ("Als ich ein kleiner Junge war").  Nach seinem Tod gibt seine Lebensgefährtin Luiselotte Enderle seinen Briefwechsel mit der Mutter heraus: "Mein liebes, gutes Muttchen, Du!"
Stand: 29.07.04