Stichtag

21. November 2008 - Vor 205 Jahren: Schinderhannes wird hingerichtet

Um das Jahr 1800 herum erhält der reiche Reisende Jacob Schweitzer einen Erpresserbrief. "Wir ersuchen Euch um 20 Karolinen", steht darin zu lesen, "und wir verhoffen, unser Anspruch wird nicht abgeschlagen werden." Eigentlich hat der Adressat ohnehin keine Wahl. Denn "wenn es nicht aus gutem Willen geschieht", so droht der Absender mit "Instrumenten, die Euch und Euren Kindern nicht lieb sein werden." Mord und Totschlag sind gemeint.

Der Erpresserbrief stammt vom Schinderhannes und seiner Bande. Geboren wird der berüchtigte Räuber 1778 oder 1779 als Johannes Bückler im Taunusort Mielen. Als "Schinder" tötet bereits sein Vater herumstreunende Hunde und verwertet die Kadaver. Auch der junge Johannes geht bei einem Abdecker in die Lehre. Dann beschuldigt ihn sein Meister, Tierfelle gestohlen zu haben; anschließend beginnt die kriminelle Karriere des "Lumpenhunds". Mit seiner Bande stiehlt er das Vieh der Bauern im Hunsrück aus den Ställen und bricht in ihre Häuser ein. Zwischen Mainz, Trier und Koblenz raubt er fahrende Händler aus. Als ihm 1799 nach seiner Festnahme die spektakuläre Flucht aus dem Turm von Simmern gelingt, ist der Mythos des verwegenen Räubers, der mit dem Teufel im Bunde sei, geboren. Im antisemitisch geprägten 18. Jahrhundert trägt zu seiner Popularität bei, dass es vornehmlich reiche Juden sind, denen er auf seinen Raubzügen Schutzgelder abpresst.

Geschnappt wird Schinderhannes zunächst nicht. Zu sehr sind die Sicherheitskräfte Europas damit beschäftigt, den Vormarsch Napoleons zu stoppen. Das ändert sich erst, als Napoleons berühmter Polizeiminister Joseph Fouché die Jagd auf Schinderhannes zur Staatssache macht. Im Mai 1802 wird der Räuber von einer Polizeipatrouille in der Nähe von Limburg gefasst und vor Gericht gestellt. Mit ihm werden 67 Personen angeklagt, 334 Zeugen gehört. Der Prozess ist öffentlich: Die neuen Herren aus Frankreich wollen die Überlegenheit ihres Rechtssystems demonstrieren. Schinderhannes und 19 Räuberkollegen werden zum Tode verurteilt.Zur Hinrichtung am 21. November 1803 strömt die für damalige Verhältnisse unglaubliche Menge von 40.000 Menschen nach Mainz. Ihnen wird als effektive Möglichkeit schneller und humaner Tötung gleich noch eine der Errungenschaften der Französischen Revolution präsentiert: die Guillotine. Mit hoch erhobenem Kopf soll Schinderhannes mit gerade einmal Anfang zwanzig Jahren zum Richtplatz geschritten sein. Sein Skelett dient Medizinstudenten in Heidelberg heute als Anschauungsobjekt.

Stand: 21.11.08