Stichtag

14. Mai 2008 - Vor 60 Jahren: Nationalrat in Tel Aviv ruft jüdischen Staat aus

Am Freitagnachmittag, dem 14. Mai 1948, versammeln sich 37 Mitglieder des jüdischen "vorläufigen Nationalrats" im Museum von Tel Aviv. Den Vorsitz führt David Ben-Gurion, ein polnischer Jude, der 1906 noch mit dem Namen David Grün nach Palästina eingewandert ist. Drei Jahre später erst wird Tel Aviv gegründet. Ben-Gurion steigt in den 20er Jahren zum Chef der jüdischen Arbeiterbewegung auf. Jetzt soll er der erste Ministerpräsident des neuen Staates Israel werden. Punkt 16 Uhr schlägt er mit einem Holzhammer auf den Tisch und beginnt, eine auf Hebräisch verfasste Erklärung zu verlesen, die auch das Radio überträgt: "Aufgrund unseres selbstverständlichen und historischen Rechts und aufgrund des Beschlusses der Vereinten Nationen erklären wir hiermit die Gründung eines jüdischen Staates im Lande Israel, den Staat Israel." Wenige Stunden später rücken irakische, libanesische, syrische, jordanische und ägyptische Truppen in den gerade ausgerufenen Staat ein. Der Unabhängigkeitskrieg beginnt.

Palästina steht zu dieser Zeit unter britischer Verwaltung. Die Briten haben das Gebiet im ersten Weltkrieg vom osmanischen Reich erobert und sind vom Völkerbund seit 1923 zur treuhändlerischen Verwaltung beauftragt. Die englische Politik in Palästina ist so uneindeutig wie die berühmte Erklärung des englischen Außenministers Lord Balfour von 1917, die den Juden eine "Heimstätte in Palästina" verspricht, gleichzeitig aber "die Rechte der nicht-jüdischen Gemeinschaften in Palästina" schützen will.

Der Spagat gelingt den Briten immer weniger, seit die Einwanderung von Juden nach Palästina durch die Naziherrschaft in Deutschland rapide ansteigt. Das führt zum bewaffneten Aufstand der Araber, die Anschläge auf Juden und Briten verüben. Bald wenden sich auch jüdische Untergrundorganisationen gegen Araber und Briten. Als nach 1945 das Ausmaß des Holocausts bekannt wird und jüdische Überlebende gegen britischen Widerstand nach Palästina drängen, wird der Konflikt zu einem Problem der jungen Weltorganisation UNO. Die beschließt Ende November 1947 einen Teilungsplan, der ein jüdisches Israel neben einem arabischen Palästina ermöglichen soll. Die Juden stimmen zu, die arabischen Staaten lehnen ab - und die Briten kapitulieren: Sie erklären ihr Mandat mit dem 15. Mai 1948 für beendet. Einen Tag kommt die israelische Unabhängigkeitserklärung dem zuvor. Die Israelis gewinnen den Unabhängigkeitskrieg. Im Februar 1949 wird ein Waffenstillstand geschlossen. Aber auch sechs Jahrzehnte und sieben Nahostkriege später hat Israel keinen Frieden und die palästinensischen Araber keinen souveränen Staat.

Stand: 14.05.08