Stichtag

13. Mai 1917: Madonnenerscheinung in Fatima

Am 13. Mai 1917 kommen die Hirtenkinder Lucia, Francisco und Jacinta aufgeregt in ihr portugiesisches Heimatdorf Fatima 130 Kilometer nördlich von Lissabon zurück. Den verdutzten Eltern verkünden sie, dass ihnen eine ganz in weiß gekleidete Madonna erschienen sei. "Sie verbreitete ein noch helleres Licht als die hellsten Strahlen, die durch ein Wasser gefülltes Kristallglas scheinen", wird die damals 10-jährige Lucia später behaupten. "Dann sagte Unsere Liebe Frau: 'Betet täglich den Rosenkranz, um den Frieden der Welt und um das Ende des Krieges zu erlangen'."

Zunächst will niemand den Kindern glauben. Da beginnen sie zu fasten, verschenken ihr Essen, knoten sich schmerzende Stricke um die Gliedmaßen, schlagen sich die nackten Beine mit Brennnesseln wund. Aber auch die Selbstkasteiung bringt die Bewohner Fatimas nicht zur Einsicht, im Gegenteil: Die Eltern drohen ihnen unter Ohrfeigen, von ihrem Starrsinn abzulassen. "Bis im Oktober 1917 die Muttergottes gesagt hat: Okay, die glauben euch nicht, ich werde ein Wunder wirken", sagt Andreas Englisch, Vatikan-Korrespondent der Bild-Zeitung. Dann seien "drei ganz bekannte Schriftsteller, die Atheisten waren", aus Portugal, Frankreich und Spanien gekommen, die Sonne habe am Firmament getanzt und "diese drei ganz bekannten Schriftsteller sind Priester geworden".

Bücher, Filme, Nieren, Mägen

Nach diesem wundertätigen Beweis der Echtheit entwickelt sich Fatima zur Pilgerstätte. Eine Kapelle wird gebaut. Mit Krücken, Rollstühlen oder auf Bahren kommen Kranke, um sich heilen zu lassen. 1930 wird der portugiesische Wallfahrtsort vom Vatikan offiziell anerkannt. Heute pilgern jährlich etwa vier Millionen Hilfesuchende in den kleinen Ort im unwirtlichen Gebirge der Serra da Aire, dessen 10.000 Bewohner von den Wallfahrern gut leben können. Die rund 500 Devotionalienhändler bieten Bücher, Filme, Rosenkränze, Kreuze und Madonnen-Flakons für Weihwasser mit abschraubbarer Krone, aber auch Hände, Füße, Arme, Nieren, Mägen, Augen, Busen und Köpfe an: aus Wachs, als Opfergabe, zur Heilung der besagten Körperteile.

Drei prophetische Visionen gibt "Unsere Liebe Frau" den Hirtenkindern 1917 mit auf den Weg. Lucia schreibt sie seit den dreißiger Jahren auf. Die erste Vision über eine zur Hälfte von Teufeln beherrschte Erde wird von Gläubigen auf die Oktoberrevolution in Russland bezogen, die zweite, 1941 veröffentlichte, auf den Zweiten Weltkrieg. In der dritten Vision sagt die Maria von Fatima angeblich das Attentat auf Papst Johannes Paul II. und den Fall der Berliner Mauer voraus. "Die ist ja nicht durch einen Krieg zerrissen worden", sagt Pfarrer Rudolf Atzert, Seelsorger der deutschen Pilger in Fatima, "sondern mit dem Rosenkranz".

Stand: 13.05.07