Stichtag

07. September 2007 - Vor 20 Jahren: Erich Honecker besucht die BRD

Der Stabsmusikchor der Bundeswehr spielt vor dem Bundeskanzleramt in Bonn "Auferstanden aus Ruinen" - die Nationalhymne der DDR. Der ostdeutsche Staatschef Erich Honecker wird am 7. September 1987 mit allen militärischen und nicht-militärischen Ehren empfangen. Er ist der erste DDR-Staatschef, der die BRD besucht. Das Gesicht von Bundeskanzler Helmut Kohl ( CDU ) ist ernst, Honecker dagegen wirkt gelöst. Obwohl Kohl Antipathie gegen Honecker hegt, will er diesen Besuch: "Helmut Kohls Ziel war immer, das Schicksal der Menschen in der DDR zu erleichtern", erklärt der ehemalige WDR-Intendant Friedrich Nowottny, der in den 80er Jahren den "Bericht aus Bonn" moderiert hat.

Fünf Tage lang ist Honecker in Westdeutschland unterwegs. Fünf Tage lang werden an der innerdeutschen Grenze keine Menschen getötet, ist der ostdeutsche Schießbefehl aufgehoben. Das wird Jahre später bekannt. In Düsseldorf trifft der Staatsratsvorsitzende NRW-Ministerpräsident Johannes Rau ( SPD ). "Das wird sich zweifellos alles sehr gut auswirken für die Entwicklung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik", sagt Honecker. "Jede Begegnung, die wir miteinander haben, ist ein Doppelpunkt und nie ein Abschluss", antwortet Rau. Der Umgangston ist weichgespült, es werden Höflichkeiten ausgetauscht. Aus dem Rahmen fällt einzig Rockmusiker Udo Lindenberg, der Honecker eine Gitarre schenkt und das steife Protokoll bemängelt. "Ja, nu. Etwas Protokoll ist da, aber mehr Rock 'n' Roll  werden wir noch später haben", meint Honecker.

Höhepunkt der Reise ist der Empfang in der Godesberger Redoute. Kohl hat zur Bedingung gemacht, dass die Tischreden der beiden Staatschefs im Fernsehen beider Länder live ausgestrahlt werden. Als erster Redner stellt Honecker fest, dass die deutsch-deutschen Beziehungen von "Realitäten" geprägt sind: "Und die bedeuten, dass Kapitalismus und Sozialismus sich ebenso wenig vereinigen lassen wie Feuer und Wasser." Der westdeutsche Kanzler nutzt die Gelegenheit und spricht Probleme an: die politischen Gefangenen in der DDR, die Mauer, den Schießbefehl. Es gibt viele versteinerte Mienen bei der ostdeutschen Delegation. Dennoch ist der Besuch für Honecker ein Erfolg: Die Anerkennung der DDR ist für ihn damit endgültig vollzogen. Honeckers Reise bleibt allerdings der einzige Empfang eines DDR-Staatschefs in der BRD. Zwei Jahre später fällt in Berlin die Mauer.

Stand: 07.09.07