Stichtag

30. November 2007 - Vor 20 Jahren: Institut du Monde Arabe in Paris eröffnet

Der Tunesier Tahar Bekri lebt seit 1976 in Paris. In seinem Lyrik-Band "Wenn die Musik sterben muss" dichtet der liberale Muslim gegen den religiösen Fanatismus. Eine Bühne für Lesungen bietet ihm das Institut du Monde Arabe (IMA), das Institut der arabischen Welt in Paris. Was in den 22 Ländern der Arabischen Liga tabu oder sogar unter Strafe verboten ist, findet hier in Kino- und Theateraufführungen sowie in der 85.000 Bände umfassenden IMA-Bibliothek sein Publikum. Zu übersehen ist das riesige, zentral am Seine -Ufer gelegene Institutsgebäude nicht. Geometrische Elemente aus der arabischen Architektur und moderne westliche Metall- und Glaskonstruktionen bilden einen Aufsehen erregenden symbolischen Brückenschlag zwischen Orient und Okzident.

Die Idee zum IMA entsteht nach der ersten Ölkrise in den 70er Jahren. Frankreich will seinen Einfluss in der arabischen Welt verstärken; die arabischen Staaten wollen ihr angekratztes Image aufpolieren. Nach seinem Wahlsieg 1981 gibt Staatspräsident Francois Mitterand dem eher bescheiden angedachten Projekt deutlich größere Dimensionen. Sechs Jahre später, am 30. November 1987, kann der für seinen Hang zum Monumentalen bekannte Mitterand das von einer französisch-arabischen Stiftung getragene Institut eröffnen. Die Statuten sehen vor, dass Frankreich 60 Prozent und die arabischen Staaten 40 Prozent des IMA-Etats aufbringen. Schon nach wenigen Jahren türmen einige säumige Länder jedoch Schulden auf, die sich derzeit auf rund 35 Millionen Euro summieren.

Über mangelndes Publikumsinteresse kann sich das Institut du Monde Arabe indes nicht beklagen. Mit jährlich über einer Million Besucher erwirtschaftet es nach eigenen Angaben 47 Prozent seines Jahresetats von 23 Millionen Euro selbst. Trotzdem fallen die Feierlichkeiten zum 20-jährigen Bestehen des IMA gedämpft aus. Die doppelköpfige Führungsspitze - französischer Präsident, arabischer Generaldirektor - muss 2007 eingestehen, dass im Lauf der Zeit fast ein Zehntel der hauseigenen Kunstwerke spurlos verschwunden ist. In die Kritik geraten ist auch die sich weitgehend im Historisch-Kulturellen erschöpfende Arbeit des Instituts. Einer Auseinandersetzung mit der aktuell eskalierenden Konfrontation von westlicher und islamischer Welt verweigert sich das IMA weitgehend. Lieber versteht man sich als Großinvestition in den friedlichen Kontakt mit einer fremden Welt, als Großinitiative gegen die Säbelrassler auf beiden Seiten.

Stand: 30.11.07