Stichtag

03. April 2007 - Vor 85 Jahren: Josef Stalin wird Generalsekretär der KPR

Schon zu Lebzeiten wird er in russischen Liedern besungen und bedichtet: "Im Kreml gibt es einen Mann, / ihn kennt und liebt die ganze Welt. / Deine Freude, dein Glück, kommt von ihm. / Der große Stalin, so nennt man ihn." Kein Pathos ist zu groß, keine Lobhudelei zu peinlich. Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili, genannt Stalin, lässt sich als Held feiern. Er ist zum Alleinherrscher geworden, nachdem er in den 1920er Jahren seine politischen Rivalen ausgeschaltet und in den 1930er Jahren mit der "Großen Säuberung" tausende potentielle Gegner hat töten lassen.

Doch auch Stalin hat klein angefangen: Noch Anfang der 1920er Jahre ist er als Volkskommissar für Nationalitätenfragen außerhalb der Regierung Lenins noch weitgehend unbekannt. Erst auf dem elften Parteitag beginnt sich das zu ändern: Am 3. April 1922 wird beschlossen, das Amt des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei Russlands (KPR) einzuführen. Die Partei wird bald darauf in KPdSU umbenannt. Erster Generalsekretär in der Parteigeschichte wird der damals 43-jährige Stalin, "der Stählerne". Niemand hat sich um das Amt gerissen. Es ist mit viel Organisationsarbeit und Papierkram verbunden - eine Aufgabe noch ganz ohne Einfluss.

"Stalin ist zu grob"

Jener elfte Parteitag ist der letzte für Lenin. Zwei Monate später erleidet er seinen ersten Schlaganfall. Währenddessen erarbeitet Stalin eine Verfassung, die die Moskauer Zentralgewalt begründet - und sein Amt zur Machtposition ausbaut. Als sich Lenins Gesundheitszustand verschlechtert und absehbar ist, dass er eine für den nächsten Parteitag geplante Rede nicht mehr halten kann, diktiert Lenin einen Brief an die Delegierten: "Stalin ist zu grob", heißt es in einem Nachtrag zu diesem Brief. "Dieser Fehler [...] kann in der Funktion des Generalsekretärs nicht geduldet werden." Lenin schlägt deshalb vor, zu überlegen, "wie man Stalin ablösen" und jemand anderen an dessen Stelle setzen könnte. Jemand, der "toleranter, loyaler, höflicher und den Genossen gegenüber aufmerksamer" und "weniger launenhaft" sei.Doch Lenins politisches Testament bleibt folgenlos. Das Politbüro, zu dem auch Stalin gehört, beschließt, den Inhalt des Briefes geheim zu halten. So kann Stalin die Funktion des Generalsekretärs innerhalb weniger Jahre zur wichtigsten Machtposition des Landes ausbauen - und seinen Ruhm auf Verbrechen gründen.

Stand: 03.04.07