Stichtag

15. September 2007 - Vor 75 Jahren: Charles Wilp wird geboren

Er sprengt seinen weißen Sportwagen in die Luft, um gegen die Umweltverschmutzung zu protestieren, und lässt sich auf sein Haus ein Ufo bauen. Charles Wilp liebt spektakuläre Aktionen. Bekannt wird er in den 1960er Jahren durch provokative Werbespots für Puschkin-Wodka und Afri-Cola. Auch wenn er damit den Umsatz des koffeinhaltigen Getränks um ein Drittel steigern kann, steht für Wilp nicht das Verkaufen im Vordergrund. Er begreift Werbung als Gesamtkunstwerk. Hier kann er seine Talente einbringen: Er komponiert, fotografiert und textet. Neben Werbung betreibt er auch politische Imagepflege. Für das Bundespresseamt porträtiert er die Minister der ersten sozial-liberalen Koalition unter Bundeskanzler Willy Brandt ( SPD ).

Geboren wird Kaufmannssohn Charles Paul Wilp am 15. September 1932 in Witten. Er wächst in Berlin auf. Seine Mutter Marie-Helene, genannt "Miezebolz", ist eine Art Groupie der deutschen Raketenforscher um Wernher von Braun. Sie untermalt als Pianistin in Babelsberg Stummfilme, unter anderem "Die Frau im Mond" von Fritz Lang. "Ich war schon früh ein verwirrtes Wunderkind in Musik", erinnert sich Wilp später. "Ich habe mit sechs Jahren schon Klavierkonzerte gegeben." Er studiert Kunst und Wirkungspsychologie in Aachen. Als Künstler realisiert er gemeinsame Projekte mit Andy Warhol  und Joseph Beuys. 1972 stellt er erstmals in Kassel aus, auf der fünften "Documenta". Sein Markenzeichen ist damals ein gelber Overall. Das bewahrt ihn vor Partys: "Der Beuys konnte wegen seines Huts nirgendwo hingehen, die Society hat uns nicht eingeladen", sagt Wilp rückblickend. "Wir standen auf einem ganz anderen Plateau."

In den 80er und 90er Jahren trägt er statt des gelben einen hellblauen Overall der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa. Aus Wrackteilen der explodierten Weltraumrakete Ariane formt er mit Spezialklebstoff schimmernde Skulpturen. Er bezeichnet sich als "Artronaut", eine Mischung aus Artist und Astronaut, und schickt als Erster seine Kunst in die Umlaufbahn. 1986 reisen die "Space Sculptures " mit einem Satelliten ins All. Am 25. April 1995 arbeitet Wilp bei einem Parabel-Flug erstmals selbst in der Schwerelosigkeit. Bis 2002 absolvierte er insgesamt 180 Parabelflüge - ein Flugmanöver, bei dem das Flugzeug eine zur Erdoberfläche geöffnete Kurve beschreibt. Seinen Werdegang bringt Wilp auf die Formel: "Vom Cola-Rausch zum All-Orgasmus". Er stirbt nach langer Krankheit am 2. Januar 2005 in Düsseldorf an Krebs.

Stand: 15.09.07