Stichtag

10. Dezember 2006 - Vor 155 Jahren: Tod von Karl Freiherr von Drais

Im Juni 1817 nimmt Karl Freiherr von Drais erstmals in aller Öffentlichkeit auf seinem Laufrad Platz. Auf der besten Straße von Mannheim hat er sich auf den Sitz geschwungen, um der erstaunten Menge die Vorteile seiner Erfindung zu demonstrieren. 15 Kilometer in der Stunde erreicht sein Gefährt im Durchschnitt. Als "Draisinenreiter" ist der Mensch damit schneller unterwegs als per Pferdepost.Drais wird 1785 als Sohn eines adeligen Oberhofrichters in Karlsruhe geboren. Er studiert Baukunst, Landwirtschaft und Physik, um später Forstmeister zu werden. Bereits nach einem Jahr wird er vom Dienst freigestellt, damit er als Erfinder arbeiten kann. In der Folge ertüftelt Drais einen Klavierrekorder zur Aufzeichnung des Musikspiels inklusive seiner Lautstärke auf Papierband. Er entwickelt ein "Erhöhungs-Perspektiv" genanntes Periskop, die erste Schnellschreibmaschine mit 25 Buchstaben, eine Tabakpfeife mit Kühlung und einen Holzsparofen. Revolutionär aber sind seine Fahrzeuge ohne Pferdeantrieb, die sich ganz auf Menschenkraft verlassen: Zunächst vierrädrig und von Lakaien betrieben, werden sie für die höfischen Gartenanlagen konzipiert. Später sind sie dazu gedacht, in Zeiten von Hungersnöten, überteuertem Hafer und Pferdeknappheit den Betrieb auf Saat- und Schlachtfeldern aufrecht zu erhalten.

Laufrad der Revolution

1818 erhält Drais ein Großherzogliches Patent auf sein Laufrad mit zwei Rädern. Von nun an muss jeder Nachbau eine Drais-Lizenzmarke an der Lenkstange tragen. Ein Geschäft allerdings kann der Erfinder mit seiner Draisine nicht machen. Sein Stand als freigestellter Beamter verbietet ihm Nebengeschäfte. Hinzu kommt, dass Drais mit den Demokraten sympathisiert und 1849 per Zeitungsannonce auf seinen Adelstitel verzichtet. Von nun an legt der Staat seinem Gefährt als Laufrad der Revolution unentwegt Steine in den Weg. Immer mehr geduldete Kopien tauchen auf. Der Verkehr von Draisinen auf den mit Platten belegten Bürgersteigen, wo allein sie hinderungsfrei laufen können, wird verboten: nicht nur in Mannheim, sondern auch in England, Italien, den USA und in Kalkutta. Draisinenreiter trauen sich nur noch, in der Wohnung herumzufahren.Nach einer inszenierten Schlägerei - zuvor hatte er sich geweigert, ein Schnapsglas auf den Großherzog zu leeren - wird Drais der Kammerherrenstatus aberkannt. Von nun an darf er bei Hofe nicht mehr vorstellig werden. Später soll Drais entmündigt werden, was Verwandte im letzten Moment verhindern können. Am 10. Dezember 1851 stirbt der Vater der pferdefreien Fortbewegung zurückgezogen in Karlsruhe. Nur die mutigsten Freunde folgen dem Sarg auf der Beerdigung.

Stand: 10.12.06