Stichtag

18. September 1981: Abschaffung der Todesstrafe in Frankreich

"Jedem zum Tode Verurteilten wird der Kopf abgeschlagen", steht ab 1791 im französischen Strafgesetzbuch. Zwei Jahre nach Beginn der Französischen Revolution hat die Nationalversammlung per Dekret entschieden, dass die Guillotine das einzige Hinrichtungswerkzeug sei. Mit dem Fallbeil werden von September 1793 bis August 1794 mehr als 16.000 Menschen enthauptet. Dazu gehören neben König Ludwig XVI. und seiner Gattin Marie Antoinette auch die Revolutionäre Georges Danton und Maximilien de Robespierre. Tausende folgen ihnen in den kommenden zwei Jahrhunderten aufs Schafott. Immer wieder gibt es Kritik an der Todesstrafe: Der Schriftsteller Victor Hugo nennt sie 1848 "das besondere und ewige Zeichen der Barbarei". Für Sozialistenführer Jean Jaurès  steht sie 1908 "im Widerspruch zum Geist des Christentums und zum Geist der Revolution". Dennoch weigert sich das Parlament in Paris 13 Mal innerhalb von 190 Jahren, Hinrichtungen abzuschaffen.

Erst mit dem Wahlsieg der Sozialisten im Mai 1981 kommt es zum Meinungsumschwung. Vier Monate nach dem Machtwechsel stimmt die Nationalversammlung am 18. September 1981 über die so genannte Lex Badinter, eine Gesetzesvorlage von Justizminister Robert Badinter ab. Dabei sprechen sich zwei Drittel der Abgeordneten für die vorgeschlagene Abschaffung der Todesstrafe aus. Für Minister Badinter ist das ein persönlicher Erfolg. Vor seiner Ernennung durch Francois Mitterrand  war der Anwalt als Verteidiger in Mordprozessen aufgetreten und hatte jahrelang eine Kampagne gegen die Todesstrafe geführt.

"Wir werden eine menschlichere Justiz haben, diese Justiz konnte nicht mehr unter dem Zeichen der Guillotine leben", erklärt Badinter nach dem Abstimmungssieg. Frankreich hat damit als letztes westeuropäisches Land Hinrichtungen verboten. Seit Abschaffung der Todesstrafe sind mehr als 25 Gesetzesanträge für die Wiedereinführung im französischen Parlament eingebracht worden. 2004 scheitert ein Antrag von 47 Abgeordneten: Im Kampf gegen den Terror halten sie die Kapitalstrafe für angemessen.

Stand: 18.09.06