Stichtag

19. Februar 2006 - Vor 80 Jahren: Erste Kabarett-Revue von Friedrich Hollaender

Friedrichs Vater Victor Hollaender ist Meister der "großen Revue" am Berliner Metropol-Theater. Das sei eine Kunstform "mit großer Ausstattung, mit großen Leuten, mit Riesen-Ballett, mit Chor, sehr auf Fleisch eingestellt, auf Optisches", sagt sein Sohn später. Friedrich wächst in der wilhelminischen Zeit in einem wohlhabenden jüdischen Künstlerhaushalt auf, studiert Komposition. Der 1,55 Meter kleine Mann lebt gern auf großem Fuß. Aber dann kommt der Erste Weltkrieg: Friedrich dirigiert Operettenaufführungen eines Fronttheaters, angewidert vom Kitsch inmitten des Sterbens, und kommt als linker Revolutionär nach Berlin zurück. Er spielt beim Kabarett "Schall und Rauch" mit, komponiert Texte von Kurt Tucholsky. "Draußen peitschten die Schüsse vom Kapp-Putsch über die Straße, im Keller spielten wir unser nüchternes, zeitkritisches Cabaret." Hier lernt er die Sängerin Blandine Ebinger kennen und heiratet sie.In den 20er Jahren schafft Hollaender etwas Neues: Er verbindet die Revue mit dem Kabarett, nennt das Ergebnis "Revuette": Programme aus einem Guss, literarisch und politisch, mit eingängiger Musik. Am 19. Februar 1926 führt er sein erstes Programm "Laterna Magica" im heruntergekommenen Renaissance-Theater auf. Hollaender schreibt die Texte, komponiert die Musik, führt Regie, spielt Klavier. Blandine singt. Die Kombination wird ein Erfolgsrezept für Jahre. Blandine sagt später: "Vom Künstlerischen her war diese Ehe wirklich vollendet, aber privat ging es eigentlich nicht."

1929 schreibt Hollaender die Musik für Marlene Dietrichs Lieder im Film "Der blaue Engel". Das bringt so viel Gewinn, dass er sein eigenes "Tingel-Tangel-Theater" aufmachen kann. Hier läuft 1932 sein Programm "Höchste Eisenbahn". "Heute gilt nur: Zu hassen, was zu hassen ist, zu retten was zu retten ist." Ein Jahr später muss Hollaender sich selbst nach Amerika retten. In Hollywood schlägt er sich als Filmkomponist durch. Als er in den 50er-Jahren nach Deutschland zurückkehrt, bringen seine "Revuetten" nur noch mäßigen Erfolg. 1959 erhält Hollaender das Bundesverdienstkreuz, 1965 den Bundesfilmpreis in Gold. Dennoch zieht er sich mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurück. Friedrich Hollaender stirbt am 18. Januar 1976 mit 79 Jahren in München.

Stand: 19.02.06