Stichtag

07. Oktober 2006 - Vor 20 Jahren: AKW Brokdorf geht in Betrieb

Brokdorf in der Elbmarsch zwischen Hamburg und Brunsbüttel. Ein Ort in der Idylle. Tausend Bewohner, eine Sparkasse, ein Supermarkt, ein Kreisverkehr. Für gewöhnlich durchbricht nur das Vogelzwitschern hier die Stille. Seit Mitte der siebziger Jahre sind es Polizeihubschrauber, Wasserwerfer und Demonstrationsgeschrei. Denn in Brokdorf ist ein Atomkraftwerk geplant. Im Februar 1981 ist es am Heftigsten: Da demonstrieren Hunderttausend, flankiert von rund 10.000 Polizisten. Es ist das bisher größte Polizeiaufkommen in der Geschichte der Bundesrepublik.Ende April 1986 ereignet sich im russischen Reaktor von Tschernobyl ein Supergau. Einmal mehr gehen besorgte Menschen auf die Straße. Die umliegenden Dörfer sind verbarrikadiert und mit Sperrposten besetzt, wieder werden Hubschrauber eingesetzt, Wasserwerfer treiben die Demonstranten vor sich her. Die Proteste nützen nichts. Am 7. Oktober 1986 geht das AKW Brokdorf ans Netz. 1995 gibt es eine Schnellabschaltung, danach ist alles ruhig. Inzwischen haben sich die Bewohner von Brokdorf mit dem Kernkraftwerk in ihrer Nähe abgefunden. Viele haben sich über die Maßnahmen der Kraftwerksleitung zu ihrer Sicherheit informiert. Ein aufwändig mit Glas gestaltetes Informationszentrum strahlt Seriosität und Transparenz aus. "Wenn es zum Gau kommt, dann möchte ich ganz dicht dran sein und nicht einige Kilometer weit weg", sagt eine Anwohnerin. "Da bin ich ganz pragmatisch. Dann soll es mich gleich treffen und nicht scheibchenweise".

Wenn überhaupt, dann muss Brokdorf vermutlich ohnehin nur noch bis zum Jahr 2018 bangen: Ein aus dem "Atomkonsens" hervorgegangenes Gesetz beschränkt die Regellaufzeit von kommerziellen Atomkraftwerken auf durchschnittlich 32 Jahre. Bis dahin werden wohl weiterhin Demonstranten kommen. Am sechsten eines jeden Monats versammeln sich die AKW-Gegner in Brokdorf. Manchmal sind es vier, manchmal zehn. Sehr selten sind es sogar dreißig.

Stand: 07.10.06