Stichtag

13. Mai 2004 - Vor 60 Jahren: Chinesen in Hamburg verhaftet

Sie kommen als Seeleute und bleiben als Köche, Wäscher oder Kellner: In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts siedeln sich viele Chinesen in Hamburg an. Etwa 2.000 von ihnen leben in St. Pauli, soviel wie nirgendwo sonst in Deutschland. Das Viertel um die Schmuckstraße entwickelt sich zu einem kleinen Chinatown - bis die Nazis an der Macht sind. Ab 1935 entziehen sich immer mehr Chinesen dem rassistischen Regime durch Auswanderung. 1941 tritt China in den Weltkrieg ein - gegen Japan und Deutschland. Für die letzten Bewohner von Chinatown an der Elbe wird die "Große Freiheit" zur Falle."Plötzlich stürmte ein mit Maschinenpistolen bewaffneter Gestapo-Trupp das von Chinesen betriebene Lokal. Alle asiatisch aussehenden Männer wurden festgenommen und auf die Straße geführt. Draußen warteten bereits andere Chinesen, die aus den umliegenden Straßen St. Paulis hierher getrieben wurden." So beschreibt ein Zeuge die "Chinesenaktion" im Morgengrauen des 13. Mai 1944. Die plötzliche Verhaftung trifft alle 165 in der Stadt gebliebenen Chinesen. Sie werden zunächst ins Polizeigefängnis nach Fuhlsbüttel gebracht, später in ein Arbeitslager in Hamburg-Wilhelmsburg. Hier leisten sie Schwerstarbeit beim Gleisbau, in Ölraffinerien und einem Betonwerk. Es gibt kaum etwas zu essen und Schläge mit Knüppeln sind an der Tagesordnung. Mindestens 17 Chinesen überleben das Lager nicht.

Die Hamburger "Chinesenaktion" bleibt einmalig in Deutschland und kann nie völlig aufgeklärt werden, weil die Akten nach dem Krieg verschwunden  sind. Eine Entschädigung gibt es für keinen der Verhafteten. Sie seien nicht rassisch verfolgt worden, urteilen die bundesdeutschen Gerichte.

Stand: 13.05.04