Stichtag

30. April 2006 - Vor 15 Jahren: Der letzte Trabbi läuft vom Band

In den fünfziger Jahren drängt es den DDR-Bürger auf die Straße. Die Volkswirtschaft braucht Pkw, die für die arbeitende Bevölkerung erschwinglich sind. Als der einmillionste "Käfer" das Volkswagen-Werk verlässt, beschließt die SED-Regierung die Entwicklung eines Vergleichsmodells. Allerdings nicht aus Stahl und Blech, das für wichtigere Industriezweige wie den Maschinenbau gebraucht wird, sondern aus Plaste und Elaste, genauer: aus Duroplast. 1957, rechtzeitig zum Jahrestag der russischen Oktoberrevolution, läuft in den Sachsenring-Werken in Zwickau der erste Trabant mit Zweitaktmotor vom Band. Der russische Name des Autors bedeutet "Begleiter des Menschen", und als lebenslanger Begleiter ist er auch geplant. Konzipiert für die typische vierköpfige DDR-Familie, hält sein Gehäuse aus Sowjet-Baumwolle und Phenolharz aus heimischem Braunkohleteer Generationen lang. Der Trabbi rollt und rollt und rollt, wegen Ersatzteilmangels improvisieren und reparieren die Besitzer oft selbst. Die Karosserie des "Plaste-Bombers" wird noch von Hand zugeschnitten, alle Reste recycelt. Wegen dieses aufwändigen Produktionsprozesses kommt die Zwickauer Tagesproduktion mit ihren 12.000 Angestellten über 600 Exemplare nicht hinaus. Die Wiedervereinigung setzt dem Erfolgsmodell Trabant ein Ende. Am 30. April 1991 läuft das letzte von 3,1 Millionen Exemplaren vom Band.

Ein Begleiter des Menschen indes verschwindet schon vor seiner Zeit: Modell P 603, das modernste und geräumigste, was Zwickau an Autoentwicklung und Fahrzeugtechnik zu bieten hat. 1969 soll P 603 in Serie gehen. Aber die SED-Regierung verweigert die erforderlichen Investitionsmittel. Heute existiert nur noch ein Minimodell des Autos. Keiner der neun Prototypen ist erhalten. Der Plan der Ingenieurschule Zwickau, den P 603 originalgetreu nachzubauen, scheitert ebenfalls. Denn die Pläne sind verkauft, Gerüchten zufolge an eine westdeutsche Bank, die sie an Volkswagen weitergibt. 1974 kommt der Golf I auf den Markt, angeblich mit einem deckungsgleichen Fahrwerk. Inwieweit da ein Zusammenhang besteht, bleibt Spekulation. In den rund 220 Trabbi-Clubs jedenfalls wird der Verdacht bis heute eifrig diskutiert.

Stand: 30.04.06