Gemälde von Johann Wolfgang von Goethe am Schreibtisch sitzend mit einem Brief in der Hand

Stichtag

06. Mai 2006 - Vor 210 Jahren: Adolph Freiherr von Knigge stirbt

Adolph Freiherr von Knigges Eltern sterben früh. Mit einem Berg von Schulden lassen sie den Knaben zurück. Als "freier Herr" schlägt er sich durch, entwickelt sich notgedrungen zum Menschenkenner. Den Adelstitel der Familie legt er ab. Nach einem Jurastudium in Göttingen vermitteln ihn Verwandte als Hofjunker und Kammerassessor an den Landgrafen von Kassel. Seine standesgemäße Erziehung ermöglicht ihm den höfischen Umgang, obwohl er den Feudalismus verabscheut. "In diesen Zeiten der Aufklärung", so ist er überzeugt, werde "bald kein Mensch mehr daran glauben, dass ein einziger, vielleicht der Schwächste der ganzen Nation, ein angeerbtes Recht haben könnte, hunderttausend weiseren und besseren Menschen das Fell über die Ohren zu ziehen."

1788 erscheint Knigges Buch "Über den Umgang mit Menschen", das den Autor in den Ruf bringt, ein Anstandspapst zu sein - vor allem bei denen, die ihn nicht gelesen haben. Denn der Band ist keine Fibel guten Benehmens, sondern ein lebensphilosophisch angehauchter Erziehungsratgeber für das aufgeklärte Bürgertum. "Dränge dich den Vornehmen und Reichen nicht auf, wenn Du nicht von ihnen verachtet werden willst", lautet einer der darin enthaltenen Kniggeschen Imperative, "Zeige Vernunft und Kenntnisse, wo du Veranlassung dazu hast" ein anderer. Allein sechs Auflagen des 400 Seiten starken Bestsellers, der auch vor einem allzu engen Kontakt zu Geistlichen, Ärzten und Herrschern warnt, werden zu Lebzeiten des Autors gedruckt. Angetan von der Lektüre wird Heinrich Heine den Freiherrn anerkennend einen "tiefen Kenner der Menschen und der Bestien" nennen.

Aber Knigge kann noch mehr. Neben der Schriftstellerei von Romanen, Dramen, Predigten und Satiren sind Zeichnen und Komponieren seine Profession. Seine Übersetzung des Librettos zu Mozarts "Hochzeit des Figaro" dient den meisten deutschen Opernhäusern des 19. Jahrhunderts als Grundlage. Geleitet wird Knigge von den Grundsätzen der Französischen Revolution: 1792 schickt er eine republikanische Verfassung an die Nationalversammlung nach Paris. Seine Kritiker beschimpfen ihn als Volksaufwiegler: "Alle deutschen Demokratennester sind der Widerhall Kniggescher Grundsätze", wettert etwa sein ärgster Gegner, der Schweizer Arzt und Autor Johann Georg Zimmermann, mit dem Knigge seinen dreijährigen Rechtsstreit wegen Verleumdung hat. Knigge stirbt am 6. Mai 1796 in Bremen.

Stand: 06.05.06