Stichtag

02. März 2006 - Vor 35 Jahren: Hafiz al-Assad wird syrischer Staatspräsident

Am Ausgang der Wahl des Staatspräsidenten besteht kein Zweifel: Einziger Kanditat für das höchste Amt in Syrien ist der 40 Jahre alte Fliegergeneral Hafiz al-Assad. Er hat sich im November 1970 an die Macht geputscht und ist seither Ministerpräsident. Dennoch betreibt der staatliche Propaganda-Apparat einen ungeheuren Aufwand, um die Bevölkerung an die Wahlurnen zu bringen: Zeitungen veröffentlichen Lobeshymnen, Radio- und Fernsehmoderatoren überbieten sich in Loyalitätserklärungen und in der Hauptstadt Damaskus hängen überall Plakate mit Parolen wie "Jede Stimme dem Retter der Nation", "Lang lebe Assad" oder "Jede Stimme der Zukunft". Am 2. März 1971 ist es soweit: Syriens Premier wird zum Präsidenten gewählt - mit 99,2 Prozent der abgegebenen Stimmen.Der am 6. Oktober 1930 geborene Hafiz al-Assad stammt aus einem Dorf nahe der syrischen Hafenstadt Latakia. Seine Familie gehört zur Minderheit der schiitischen Sekte der Alawiten. Assad (auf deutsch: der Löwe) geht auf die Militärakademie, wird Mitglied der arabisch-sozialistischen Baath-Partei und ist 1966 - mit 36 Jahren - bereits Verteidigungsminister. Die Besetzung des syrischen Golanhöhen im Sechs-Tage-Krieg 1967 ist für ihn eine innenpolitische Niederlage, die seine Karriere jedoch nur kurz unterbricht. In innerparteilichen Auseinandersetzungen schaltet er nach und nach seine Rivalen aus, bis er an die Staatsspitze gelangt. Assads Hausmacht ist die Armee, eine massive militärische Aufrüstung beginnt. Die Sowjetunion liefert Waffen, die DDR das Know-how für den Aufbau eines funktionierenden Geheimdienstes.1976 marschieren syrische Truppen im vom Bürgerkrieg gebeutelten Libanon ein. Er koordiniert die Aktion mit anderen arabischen Staaten und den  USA. Die militärische Präsenz im Nachbarland ist für Assad ein Balanceakt. Taktisch geschickt spielt er die verschiedenen christlichen und islamischen Milizen gegeneinander aus und verschafft sich über die Grenzen Syriens hinaus Einfluss. Im Inland wird Assad von der islamistischen Opposition der sunnitischen Muslimbrüder bedrängt. 1980 eskaliert die Situation. Nach zahlreichen Bombenanschlägen und Attentatsversuchen holt Assad zum Gegenschlag aus. 1982 lässt er die Islamisten-Hochburg Hama bombardieren. Mehrere Zehntausend Menschen sterben. Als Saddam Hussein 1990 Kuwait besetzt, stellt sich der syrische Präsident auf die Seite der USA.

Während seiner Amtszeit hat Assad offenbar jahrzehntelang dem Nazi-Verbrecher Alois Brunner Zuflucht gewährt. Dieser hatte als Adolf Eichmanns rechte Hand über 120.000 Juden in den Tod geschickt. Obwohl Brunner in Frankreich in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist, scheiterten mehrere Auslieferungsbegehren. Hafiz al-Assad stirbt am 10. Juni 2000 an einem Herzanfall. Sein Nachfolger als syrischer Präsident wird sein Sohn Bashar al-Assad.Stand: 02.03.06