Stichtag

29. Dezember 2005 - Vor 75 Jahren: Radio Luxemburg erhält Sendelizenz

Luxemburg ist nicht nur eine Steueroase. Luxemburg ist auch der letzte Zufluchtsort für Frankreichs Radiomacher. 1927 haben Regierung und Post in Paris die Regeln für die Erteilung von Sendelizenzen erschwert. Nun sind viele Radiotechniker und -Journalisten in das kleine Land gekommen, um hier ihr Glück zu versuchen. 1929 schließen sie sich zu einer Gesellschaft zusammen - und erwerben am 29. Dezember 1930 eine exklusive Sendelizenz von der Regierung des Großherzogtums. Grundlage ist die Amateurfunkstation der Gebrüder Francois und Marcel Anen, die seit sechs Jahren vom Dachboden eines Hauses in der Rue Beaumont aus senden.Fortan erobert Radio Luxemburg die Radiowelt: mit so durchschlagendem Erfolg, dass der Sender bereits 1933 das berühmte Orchestre Symphonique de Radio Luxembourg ins Leben rufen kann. Im gleichen Jahr startet auch ein deutsches Programm, dass mit Hilfe modernster Technik via Langwelle vom neuen Studio in die Ferne sendet. Die erste Live-Übertragung der Tour de France 1934 ist ein weiterer Höhepunkt. Überhaupt setzt Radio Luxemburg auf Superlative, auch in seiner deutschen Abteilung, die nach der Kriegsunterbrechung 1957 ihr Programm mit seichten Zuschauertelefonspielen, Werbung und Oldiemusik wieder aufnimmt: 1963 senden die Moderatoren - bereits unter dem Namen RTL - aus gesponsorten Kleinwagen, mit denen sie stundenlang über die Autobahnen brausen. Und 14 Jahre später kreist Moderator Mike Krüger mit einer Luxair-Boeing 737 für "RTL 12 Uhr Mittags" über Luxemburg. Neben Krüger macht RTL unter anderem Karl Dall, Thomas Gottschalk, Elmar Gunsch, Max Schauzer, Anke Engelke, Desiree Nosbusch und Lou van Burg zu Stars. Zu dieser Zeit ist der Sender längst der größte Steuerzahler des Großherzogtums. 1987 zahlt RTL rund zwei Milliarden Francs an den Fiskus.

Das Modell aus guter Laune, Geldspielchen, Wunsch-Hitparaden und Moderatoren, die sich "der Frank", "der Thomas" oder "die Anke" nennen, kommt an. So gut, dass Telefunken Radios mit einer eigenen (grünen) RTL-Taste baut und andere Sender die RTL-Philosophie kopieren. So ist der Erfolg zugleich das Ende von Radio Luxemburg in seiner alten Form. Es wird 1990 aufgelöst. Andere private Sender und die Öffentlich-Rechtlichen haben dem Radioprogramm die Hörer und die Moderatoren längst weggeschnappt. Eine, die von RTL zum WDR ging, ist Barbara Gansauge. "Wahrscheinlich gibt es überall ein kleines bisschen von Radio Luxemburg", sagt sie heute: "in jedem Programm."


Stand: 29.12.05