Stichtag

03. Juli 2005 - Vor 130 Jahren: Ferdinand Sauerbruch in Barmen geboren

Er gehört zu den herausragenden Persönlichkeiten der Medizingeschichte im 20. Jahrhundert. Dennoch ist der Chirurg Ferdinand Sauerbruch umstritten: Ein genialer Arzt, der sich für die Patienten aufopferte, sagen die einen. Ein Tyrann mit Star-Allüren, der seine Untergebenen schikanierte, sagen die anderen. Unbestritten sind seine fachlichen Leistungen: Während des Ersten Weltkrieges entwickelt er neuartige Arm- und Beinprothesen. Sein Druckdifferenzverfahren ermöglicht erstmals Operationen an der Lunge und am offenen Herzen.Geboren wird Ferdinand Sauerbruch am 3. Juli 1875 in Barmen bei Wuppertal. Sein Vater, ein Webereiangestellter, stirbt, als Ferdinand zwei Jahre alt ist. In der Schule bleibt er sitzen, studiert später dennoch Medizin. Nach seiner Habilitation in Breslau arbeitet Sauerbruch in Marburg, Zürich und München. Am ersten Weltkrieg nimmt er als Freiwilliger teil. 1927 erhält er den Ruf an die Charité in Berlin.

Sauerbruch hat sich gern als "unpolitischen" Arzt bezeichnet und in seiner Autobiographie seine angebliche Gegnerschaft zu den Nazis betont. Doch daran gibt es erhebliche Zweifel. Einerseits tritt er zwar nicht in die NSDAP ein und hält bis zuletzt zu jüdischen Freunden, andererseits lässt er sich von den Nazis einspannen. Im September 1933 bekennt sich der glühende Patriot in einem offenen Brief an die Ärzteschaft der Welt zur "Wiedergeburt unseres unwürdig behandelten und zurückgesetzten Volkes" und rechtfertigt die "harten Maßnahmen und schweren Eingriffe, die jede revolutionäre Tat begleiten". Zwar warnt Sauerbruch im Januar 1937, Adolf Hitler, den er seit 1920 kennt, könne "der verrückteste Kriminelle" der Welt werden. Trotzdem lässt er sich aber im September von Hitler den ersten "Deutschen Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft" verleihen. Im Sommer 1940 protestiert Sauerbruch gegen das Euthanasieprogramm. Dennoch gibt er später als Gutachter des Reichsforschungsrats seine Zustimmung für Experimente von Josef Mengele in Auschwitz.
Sauerbruch ist während des ganzen Krieges an der Charité tätig. 1945 wird er von den Sowjets als Berliner Stadtrat für das Gesundheitswesen eingesetzt. 1949 drängt ihn die DDR-Führung zum Rücktritt von allen Ämtern. Sauerbruch stirbt am 2. Juli 1951 in Berlin.


Stand: 03.07.05