Stichtag

28. Mai 2005 - Vor 175 Jahren: Gesetz zur Vertreibung der Indianer

Die Indianer im Südosten der USA - Cherokee, Creek, Chickasaw, Seminole und Chaktaw - erfüllen nicht das Klischee vom umherziehenden Nomadenvolk. Sie leben Anfang des 19. Jahrhunderts in Steinhäusern, betreiben Ackerbau, zum Teil auf weitläufigen Plantagen. Vor allem die Cherokee zeigen sich offen für Neuerungen: Die meisten können lesen und schreiben, es gibt eine regelmäßig erscheinende Zeitung.Zu einem friedlichen Zusammenleben mit den weißen Siedlern führt all das nicht. Denn die Siedler wollen das Indianer-Land - und Präsident Andrew Jackson ruft sie von Washington aus geradezu zur Gewalt auf: "Macht Feuer unter ihnen. Wenn es heiß genug ist, werden sie schon gehen." Am 28. Mai 1830 erhält die Gewalt Gesetzeskraft: Jackson unterschreibt den so genannten "Indian Removal Act": Indianer dürfen danach gegen ihren Willen in Reservate im Westen deportiert werden.Die Cherokee bauen auf den Rechtsstaat USA und ziehen vor Gericht - mit Erfolg. Der Oberste Gerichtshof erklärt den Indian Removal Act für verfassungswidrig. "Die Nation der Cherokee ist eine Gemeinde mit eigenem Territorium, das die Bürger von Georgia nur mit Zustimmung der Cherokee selbst oder in Übereinstimmung mit Verträgen und Gesetzen des Kongresses betreten dürfen", sagt Richter John Marshall in seiner Begründung.  Die Reaktion des Präsidenten ist kurz: "John Marshall hat entschieden. Nun lass ihn das auch durchsetzen."

Am Ende setzt sich die Gewalt durch. Die Stämme des Südwestens werden aus Georgia und Tennessee vertrieben, bis in die Reservate im westlichen Dakota. 100.000 amerikanische Ureinwohner müssen gehen, viele sterben auf dem Weg. "Es war, was man heute eine ethnische Säuberung nennt", sagt John Gates, ein Cherokee, der heute in Dakota lebt. Die Indianer nennen den Marsch nach Westen "Weg der Tränen". Er dezimierte ihre Bevölkerung um geschätzte 45 Prozent. Der französische Schriftsteller Alexis de Tocqueville beschreibt als Augenzeuge einen dieser Trecks: "Unter ihnen befanden sich Verwundete, Kranke, neugeborene Kinder und alte Männer am Rande des Todes. Sie hatten weder Zelte noch Wagen, sondern nur einige Lebensmittel und Waffen. Weder Weinen noch Klagen entstieg dieser schweigenden Versammlung."


Stand: 28.05.05