Stichtag

22. November 2005 - Vor 30 Jahren: König Juan Carlos vereidigt

Der Diktator Franco ist gerade zwei Tage tot, als Juan Carlos am 22. November 1975 im spanischen Parlament als König vereidigt wird. Der Übergang vollzieht sich reibungslos, denn der Diktator hat den Prinzen seit langem zum Nachfolger bestimmt: Seit 1947 ist Spanien offiziell ein Königreich ohne König, seit 1969 ist Juan Carlos zum Nachfolger des Diktators bestimmt. Nicht die Inthronisation ist überraschend, wohl aber, was der junge König aus ihr macht: Er erklärt sich zum Schutzherrn einer neuen spanischen Demokratie. Durch ihn als Bindeglied zwischen der Franco-Ära und der Demokratisierung gelingt eine Revolution ohne Blutvergießen.Seit seiner Kindheit wird Juan Carlos Alfonso Victor Maria de Borbón y Borbón auf eine ganz andere Rolle vorbereitet: Der Enkel des letzten spanischen Königs Alfons XIII. soll ein faschistischer König werden. Dafür muss er 1948, gerade zehn Jahre alt, seine Eltern im portugiesischen Exil verlassen, um am "Hof" des Diktators Franco erzogen zu werden. Sein Vater, Don Juan Graf von Barcelona, zahlt diesen Preis, um die Rückkehr der Bourbonen-Familie auf den Thron zu erreichen. Juan Carlos hat eine glücklose Kindheit. Er wird in einer Militärakademie ausgebildet, gedrillt auf die Werte der Militärdiktatur. 1956 kommt sein jüngerer Bruder Alfonso durch einen Schuss aus Juans Pistole ums Leben - ein Unfall beim Spiel mit den Waffen. Juan Carlos wird Kampfpilot, studiert Verfassungsrecht und Wirtschaft, heiratet die griechische Prinzessin Sophia. Und schweigt. "Ich hatte sehr viel zu sagen", erklärt er später, "aber ich zog es vor, zu schweigen, denn der kleinste Satz, das kleinste Wort konnte zu meinem Nachteil ausgelegt werden."

Als er nicht mehr schweigen muss, definiert Juan Carlos I. seine Rolle entschieden als die eines konstitutionellen Monarchen in einer parlamentarischen Demokratie. Als einige Militärs um den Obristen Antonio Tejero am 23. Februar 1981 das Parlament besetzen, kommandiert der König als Oberbefehlshaber die Truppen zurück in ihre Kasernen. Der Putsch misslingt, weil "Francos König" ihm die Legitimität entzieht. Seither ist die Demokratie in Spanien ebenso unumstritten wie die neue Monarchie.


Stand: 22.11.05