Stichtag

30. November 2005 - Vor 170 Jahren: Mark Twain in Florida/Missouri geboren

"Die ganze moderne amerikanische Literatur stammt von einem Buch ab, das 'Huckleberry Finn' heißt", sagte Ernest Hemingway. Der Stammvater moderner amerikanischer Literatur heißt demnach Samuel Langhorne Clemens, geboren am 30. November 1835 in dem winzigen Nest Florida in Missouri. Mit vier Jahren zieht er mit den Eltern in ein anderes winziges Nest, Hannibal am Mississippi, mit zwölf verliert er seinen Vater. Samuel lernt in der örtlichen Druckerei und schreibt bald auch für den dort gedruckten "Missouri Courier". Später wird er Lotse auf den Mississippi-Dampfern, fährt vier Jahre lang die Strecke zwischen St. Louis und New Orleans. Dann kommt der Bürgerkrieg: Samuel L. Clemens desertiert nach wenigen Tagen, flieht zusammen mit seinem Bruder in den Goldrausch von Nevada, wo er aber kein Gold findet und deshalb wieder als Journalist arbeitet - besonders erfolgreich, wenn er schaurige Kriminalgeschichten einfach erfindet.Erst als er 1870 eine wohlhabende Frau heiratet, kann sich Clemens dem Bücherschreiben widmen. Er gibt sich das Pseudonym "Mark Twain", was "Zwei Faden tief" bedeutet, ein Ausdruck aus der Lotsensprache. Die Sprache des Alltags prägt auch seine beiden Erfolgsromane: "Tom Sawyer" (1876) und "Huckleberry Finn" (1884). Beide sind durchaus tiefgründiger als "zwei Faden": Auf den ersten Blick Abenteuerbücher für Jugendliche, sind sie eine Schilderung amerikanischer Grausamkeiten von Tierquälerei und Kindesmisshandlung bis zu Sklaverei und Lynchjustiz. Auch in seinen Erzählungen und Essays geißelt er die christlich-bürgerliche Doppelmoral seiner Umgebung. Bis heute erscheinen häufig gekürzte und "gereinigte" Ausgaben der Romane.

Mark Twain kann auch als Schriftsteller von Abenteuern nicht lassen: Er will Erfinder werden und verschleudert mit Investitionen in eine Schriftsetzmaschine sein gesamtes Vermögen - und das seiner Frau. Reiche Gönner und eine Lesereise durch Europa bringen ihn wieder aus den Schulden heraus. Als er 1910 stirbt, ist Mark Twain schon fast das, als was ihn Hemingway bezeichnete: ein Übervater.


Stand: 30.11.05