Stichtag

22. Juli 2005 - Vor 20 Jahren: Die Gefahrgut-Verordnung wird veröffentlicht

Die sommerliche Mittagsruhe auf dem spanischen Campingplatz "Los Alfaques " bei Taragona endet jäh. Um 14.15 Uhr kommt auf der Straße nebenan ein Tanklaster ins Schleudern und durchbricht die Umgrenzungsmauer zum voll besetzten Zeltplatz. Dabei reißt der Kessel auf. 43 Kubikmeter Flüssiggas treten aus und entzünden sich. Der riesige Feuerball äschert den Campingplatz so rasch ein, dass Augenzeugen zunächst an die Explosion einer Bombe glauben. Fast 200 Urlauber kommen an diesem 11. Juli 1978 ums Leben. Viele Opfer stammen aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden und der Bundesrepublik.Die Katastrophe von "Los Alfaques" schärft in Deutschland und den Nachbarländern den Blick für die "rollenden Bomben" im alltäglichen Verkehr. Zwar existiert hierzulande seit 1975 ein Gesetz über den Transport gefährlicher Güter. Beachtet wird das schwer verständliche Paragrafen-Konvolut jedoch kaum. Wer Gase, Öle, Säuren oder radioaktive Stoffe von A nach B transportiert, tut das weitgehend nach eigenem Gutdünken. Experten für Verkehr, Chemie und Arbeitsschutz entwickeln deshalb ein zeitgemäßeres und praktikableres Vorschriftenwerk. Sieben Jahre wird an der neuen Verordnung über den Umgang mit Gefahrgütern im Straßenverkehr gefeilt. Am 22. Juli 1985 kann die "Gefahrgutverordnung Straße (GGVS)" endlich veröffentlicht werden.

Zwei Jahre später ereignet sich im hessischen Herborn genau das, was durch die neuen Vorschriften verhindert werden sollte. Ein mit Treibstoff beladener Tanklaster zerschellt an einer Hauswand, die Explosion verwüstet zwölf Häuser und fordert vier Todesopfer. Der Schock von Herborn sitzt tief. Mit immer neuen Ergänzungen wird deshalb seither versucht, die GGVS zu perfektionieren und möglichst jeden Zufall auszuschließen. Das größte Risiko bleibt menschliches Versagen. Inzwischen rollen jährlich rund 500 Millionen Tonnen Gefahrgut durch Deutschland. 2002, im Jahr der letzten statistischen Erhebung, ereigneten sich 40.000 Unfälle auf den Straßen. In immerhin 200 Fällen waren daran Gefahrgut-Transporte beteiligt. Doch dank engmaschiger Fahrzeugkontrollen sowie intensiver Schulung von Einsatzkräften und LKW-Fahrern führen Havarien mit Gefahrgütern immer seltener zu bedrohlichen Situationen.


Stand: 22.07.05