Stichtag

28. Dezember 2005 - Vor 80 Jahren: Schauspielerin Hildegard Knef geboren

Drei Sekunden sind es, die aus dem Leben der Hildegard Frieda Albertine Knef "eine einzige Achterbahn" machen: drei Sekunden in dem Film "Die Sünderin", in denen sie 1951 als Modell eines Malers nackt auf einem Handtuch liegend zu sehen ist. Eigentlich ist Knefs Körper während der Einstellung sorgsam hinter einem Sonnenschirm verborgen. Und auch die eigentliche Nacktszene ist in ein sorgsam weichgezeichnetes, unscharf machendes Licht getaucht. Trotzdem reicht sie aus, um den größten Skandal der deutschen Filmgeschichte zu provozieren. Aufgebrachte Christen randalieren vor den Kinos und werfen Stinkbomben. Im Restaurant gehen die Gäste, sobald Knef das Lokal tritt, auf offener Straße wird sie angespuckt. "Ich musste wirklich aus Deutschland raus", wird sie später sagen. "Das war nicht mehr zu ertragen."Knef geht in die USA, wo bereits drei Jahre zuvor eine ersehnte Hollywood-Karriere gescheitert war. Diesmal schafft sie es, spielt mit Oskar Werner in "Entscheidung im Morgengrauen" und neben Gregory Peck in Hemingways "Schnee am Kilimandscharo". Durch drei Lieder, die sie dort zu singen hat, wird Cole Porter auf sie aufmerksam und macht sie zum Broadway-Star. 675 Mal steht sie im Musical "Silk Stockings" auf der Bühne, einmal mit Masern und 41 Grad Fieber, was sie kurzsichtig werden lässt. Ihr Wille, trotz aller Unwägbarkeiten des Lebens ihren Weg zu gehen, bleibt hier wie auch nach einer später besiegten Krebserkrankung ungebrochen.

Während Knef in den USA zu einer der berühmtesten und beliebtesten Deutschen avanciert, bleibt ihr die Heimat ungewogen. Die Affäre mit dem verheirateten Schauspieler David Cameron bringt sie als Sünderin einmal mehr ins Kreuzfeuer der hiesigen Klatschpresse. Die Häme reißt nicht ab: "Zu früh zu emanzipiert" sei sie gewesen, nennt Alice Schwarzer eine mögliche Begründung. Das ändert sich erst, als sie mit selbstgeschriebenen Chansons und eigenen Büchern brilliert. Hits wie "Für mich soll’s rote Rosen regnen" stürmen die Hitparaden, ihre Autobiographie "Der geschenkte Gaul" wird 1970 zum internationalen Besteller und macht sie zur erfolgreichsten deutschen Schriftstellerin der Nachkriegszeit. Knef stirbt nach 76 Jahren Achterbahn 2002 in Berlin. Am 28. Dezember 2005 wäre sie 80 Jahre alt geworden.


Stand: 28.12.05