Stichtag

19. November 2005 - Vor 20 Jahren: Gipfeltreffen von Reagan und Gorbatschow in Genf

Der 11. März 1985 ist ein Wendepunkt im Kalten Krieg zwischen der Sowjetunion und den USA: Nach dem Tod von Juri Andropow wird Michail Gorbatschow Generalsekretär der KPdSU. Er beginnt sogleich mit seiner Politik der Offenheit ("Glasnost") und der Umgestaltung ("Perestroika"). Bereits einen Tag nach seinem Amtsantritt nimmt Gorbatschow die Ende 1983 unterbrochenen Rüstungskontrollgespräche wieder auf. Für US-Präsident Ronald Reagan war die Sowjetunion bisher "the Evile Empire" (das Reich des Bösen), das er tot rüsten will. 1983 hat er seine "Strategische Verteidigungsinitiative" (SDI), ein Raketenabwehrsystem im Weltraum, gestartet. Deshalb ist es für Reagan-Kritiker eine Überraschung, als sich der amerikanische Präsident und das sowjetische Staatsoberhaupt zu einem Gipfeltreffen am 19. November 1985 in Genf verabreden. Der letzte Gipfel liegt bereits knapp sieben Jahre zurück.Das Wort vom "Reich des Bösen" scheint vergessen. Vor dem Abflug in die Schweiz versichert Reagan: "Wenn wir uns zusammensetzen, werden wir doch versuchen, solche Worte künftig nicht mehr zu benutzen." Die Reihenfolge der zu besprechenden Themen: Erst kommt der große Überblick, dann die Rüstungskontrolle, am zweiten Tag schließen sich regionale Probleme wie Nicaragua und Afghanistan sowie bilaterale Fragen an. Das Ergebnis des Meinungsaustauschs, der über rund fünf Stunden hinweg unter vier Augen stattgefunden hat: Zum ersten Mal geben sich die  USA und die Sowjetunion gegenseitig die Zusicherung, keine militärische Vorherrschaft anzustreben. In der gemeinsamen Erklärung heißt es, "dass ein Atomkrieg nicht gewonnen werden kann und niemals ausgefochten werden darf".

Gorbatschow stellt in einer Pressekonferenz jedoch unmissverständlich klar, es könne bei der Rüstungskontrolle keine Fortschritte geben, solange die USA an SDI festhielten. Eine weitere Einschränkung der gemeinsamen Erklärung macht auch Reagan: "Echtes Vertrauen muss auf Taten beruhen, nicht nur auf Worten. Das ist das Kriterium für die Zukunft." Trotzdem rühmen beide Seiten den Gipfel als "wichtigen Schritt in die richtige Richtung". Reagan betont: "Ich verlasse Genf in der Zuversicht, dass dieser Gipfel der Kamingespräche zu einer besseren Welt in Frieden beigetragen hat." 1987 erklärt sich Gorbatschow bereit, als erster mit der Abrüstung zu beginnen. Zwei Jahre später fällt die Berliner Mauer. 1991 löst sich die Sowjetunion auf. Zwei Jahre später wird  SDI offiziell eingestellt. Der Kalte Krieg ist vorbei.Stand: 19.11.05