Wilhelmine und Heinrich Lübke im Flugzeug beim Aktenstudium (1963)

3. Mai 1981 - Bundespräsidenten-Gattin Wilhelmine Lübke stirbt

Stand: 03.05.2016, 00:00 Uhr

Mit 83 Jahren plant Bundeskanzler Konrad Adenauer seine politische Zukunft. Nach zehn Jahren Kanzlerschaft zeigt der "Alte aus Rhöndorf" 1959 Ambitionen, ins Amt des Bundespräsidenten zu wechseln. Kurzfristig entscheidet er sich dann doch, ein drittes Mal zur Bundeskanzlerwahl anzutreten. Als Ersatzmann für das höchste deutsche Staatsamt präsentiert Adenauer seinen getreuen Bundesernährungsminister Heinrich Lübke (CDU).

Der trockene Sauerländer wird am 1. Juli 1959 zum Nachfolger des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuß gewählt. An seiner Seite zieht Ehefrau Wilhelmine in die Villa Hammerschmidt ein. Ein Jahrzehnt führt die frühere Studienrätin ihren fürs Repräsentieren nicht geborenen Mann sicher über das diplomatische Parkett und bringt dem provinziellen Bonn gesellschaftliche Etikette bei. In die Geschichte der jungen Bundesrepublik geht Heinrich Lübkes Präsidentschaft als die "Wilhelminische Epoche" ein.

Intellgent, resolut, sprachbegabt

Bei einem Treffen des sauerländischen Gebirgsvereins in Berlin lernt sich das Paar 1929 kennen. Wie der Vermessungsingenieur Heinrich Lübke stammt auch Wilhelmine Keuthen aus dem Sauerland, aus Ramsbeck, 20 Kilometer von Heinrichs Heimat Enkhausen entfernt. Die am 9. Mai 1885 geborene Tochter eines Büroleiters im Bergbau fällt durch hohe Intelligenz auf und erkämpft sich ein Studium der Mathematik, Germanistik und Philosophie in Münster. Anfang der 20er Jahre wird sie Studienrätin am Franziskus-Oberliceum in Berlin. Resolut ist sie damals schon; Dummheiten habe es bei ihr nicht gegeben, erzählt Wilhelmine Lübke später: "Die Mädchen wussten: Bei der geht das nicht."

Noch im Jahr ihrer ersten Begegnung heiraten die beiden Sauerländer Seelenverwandten; ihre Ehe wird kinderlos bleiben. Während Heinrich als Funktionär der Bauernschaft Karriere macht und 1931 für das katholische Zentrum in den Reichstag einzieht, verlegt sich Wilhelmine aufs Sprachen-Studium. Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch und Russisch beherrscht sie später fließend – Kenntnisse, die ihr als First Lady neben ihrem fremdsprachlich limitierten Heinrich sehr zugutekommen. Angstvolle Zeiten durchlebt Wilhelmine Lübke, als die Nazis ihren Mann 1934 wegen einer angeblichen Unterschlagung festnehmen. Erst nach 20 Monaten Untersuchungshaft kommt er wieder frei.

Begründerin der modernen Altenpflege

Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein seien ihr angeboren, sagt Wilhelmine Lübke. So füllt sie auch ihre Rolle als erste Dame des Staates aus. Sie begleitet ihren Mann auf mehr als 50 Auslandsreisen – im Hintergrund immer mehr Frau Bundespräsident als nur Frau des Bundespräsidenten. Bei Staatsempfängen auf Schloss Brühl trägt man dank ihres Wirkens wieder Frack und Orden. Der Staatsbesuch von Queen Elizabeth II. 1965 wird unter Wilhelmines Regie zum glanzvollen Höhepunkt der Lübke-Präsidentschaft. Der "Spiegel" hatte allerdings bereits im Jahr zuvor gehöhnt: "Irgendwer muss Frau Wilhelmine Lübke (…) sagen, dass sie auf Staatsbesuchen ihren Mann nicht mit dem Ruf 'Heini, wir gehen zu Bett' ins Quartier beordern kann."

Aus gesundheitlichen Gründen gibt Heinrich Lübke 1969 die Präsidentschaft wenige Monate vor Ablauf seiner Amtszeit auf. Die "Elder Stateswoman" Wilhelmine bleibt Mittelpunkt der Bonner Gesellschaft und im Sozialen hoch engagiert. Sie ist Vorsitzende des von ihrer Vorgängerin Elly Heuß-Knapp geschaffenen Müttergenesungswerks, Gründerin des Kuratoriums Deutsche Altershilfe und erfindet "Essen auf Rädern". Mit ihrem Werk schafft Wilhelmine Lübke die Grundlage der modernen Altenpflege. Nur ein einziges Mal sorgt die stets perfekte Präsidentengattin für einen kleinen Skandal: 1968 muss sie kleinlaut vor dem Bonner Landgericht antreten, weil sie mit Nachdruck dafür gesorgt hatte, dass ihr Alter in amtlichen Registern um zehn Jahre nach unten korrigiert wurde. Der Staatsanwalt zeigt Verständnis für die kleine Verfehlung und lässt die Anklage fallen. Neun Jahre nach dem Tod ihres Mannes stirbt Wilhelmine Lübke am 3. Mai 1981 in Bonn.

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