Ein Mitarbeiter des ehemaligen Stasi Archiv sortiert Karteikarten

29. Dezember 1991 - Stasi-Unterlagen-Gesetz tritt in Kraft

Stand: 29.12.2016, 00:00 Uhr

Es droht Gefahr von außen, darum braucht die DDR ein Ministerium, das den Staat schützt - so berichtet die SED-Zeitung "Neues Deutschland" am 28. Januar 1950. Angebliche Belege dafür liefert unter anderem der damalige Generalinspekteur Erich Mielke von der Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft. Er berichtet, "anhand zahlreicher Beispiele über die systematische Tätigkeit, die von Agenten, Brandstiftern und anderen Saboteuren im Auftrag der angloamerikanischen Kriegshetzer entfaltet wird, um den friedlichen Aufbau unserer demokratischen Republik zu stören und zu verhindern."

Den öffentlichkeitswirksamen Klagen über den Klassenfeind folgen bald Taten: Am 8. Februar 1950 wird per Gesetz ein Ministerium für Staatssicherheit (MfS) gegründet. Es handelt sich dabei um die ehemalige Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft, die zu diesem Zweck aus dem DDR-Innenministerium ausgegliedert wird.

Erich Mielke ist von Anfang an dabei - zunächst als Stellvertreter der MfS-Minister Wilhelm Zaisser und Ernst Wollenweber. 1957 wird Mielke selbst Minister. Er behält das Amt 32 Jahre lang, bis zum 7. Oktober 1989.

Honecker: Stasi ist "scharfe Waffe"

Der DDR-Staatsratsvorsitzende Erich Honecker ist sich sicher: "Mit dem Ministerium für Staatssicherheit wurden zum ersten Mal in der deutschen Geschichte Sicherheitsorgane ins Leben gerufen, die den Interessen der Mehrheit, den Interessen der Arbeiterklasse und des ganzen werktätigen Volkes dienen." Mielke habe das Ministerium "zu einer scharfen Waffe im Kampf gegen alle Feinde des Sozialismus und des Friedens" gemacht.

Wer in der DDR als Gegner gilt, bekommt diese Waffe auch zu spüren: "Wir sind nicht gefeit, leider, dass ein Schurke unter uns sein kann", sagt Mielke. "Wenn ich das schon jetzt wüsste, der würde ab morgen schon nicht mehr leben. Ganz kurzer Prozess."

Als das MfS nach dem Fall der Mauer 1989 an Macht verliert und schließlich aufgelöst wird, zeigt sich, welchen Aufwand das Ministerium betrieben hat. Zu den Hinterlassenschaften gehören: 111 Kilometer Akten, 39 Millionen Karteikarten, 1,75 Millionen Fotos, 28.400 Tonbänder, 91.000 hauptamtliche Mitarbeiter, 200.000 inoffizielle Mitarbeiter. Es gibt sogar konservierte Geruchsproben von Dissidenten, um sie notfalls mithilfe von Spürhunden ausfindig machen zu können.

Stasi-Akten sind einsehbar

Im Herbst 1989 wählt die Volkskammer eine neue Regierung. Das Ministerium für Staatssicherheit wird in Amt für Nationale Sicherheit umbenannt, dessen Leitung ein langjähriger Stellvertreter Mielkes übernimmt. Das ist den Bürgerrechtlern zu wenig. Am 15. Januar 1990 folgende tausende Demonstranten dem Aufruf der Bürgerbewegung "Neues Forum" und besetzen die Stasi-Zentrale im Ostberliner Stadtbezirk Lichtenberg. Es beginnt ein Kampf um die Akten. Viele Unterlagen werden vernichtet oder landen in den Händen ausländischer Geheimdienste. Vieles bleibt auch erhalten. Deshalb stellt sich die Frage: Sollen Akten vernichtet, archiviert oder gar zugänglich gemacht werden?

Im November 1991 beschließt der Bundestag das "Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik". Es tritt am 29. Dezember 1991 in Kraft. Das bedeutet: Die Hinterlassenschaft des abgewickelten Geheimdienstes kann eingesehen werden. Zur Verfügung gestellt werden die Akten von der Stasi-Unterlagen-Behörde (BStU).

Akteneinsicht können Privatpersonen, Forscher und Medien beantragen. Überprüft werden kann auch, ob über Personen in herausgehobenen Positionen Hinweise auf eine Zusammenarbeit mit der Stasi vorliegen. Dazu gehören etwa Regierungsmitglieder, Abgeordnete und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst.

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 29. Dezember 2016 ebenfalls an das Stasi-Unterlagen-Gesetz. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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