Logos des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) (Aufnahme vom 11.09.2014)

Stichtag

10. Dezember 1950 - Deutscher Sportbund wird gegründet

Nach dem Zweiten Weltkrieg schränken die Siegermächte den Sportbetrieb in Deutschland stark ein. Im Dezember 1945 verbietet der Alliierte Kontrollrat die Gründung von Sportorganisationen über die Kreisgrenzen hinaus. Im "Dritten Reich" war der "Nationalsozialistische Reichsbund für Leibesübungen" (NSRL) als Dachorganisation aller Turn- und Sportvereine ein propagandistischer Teil des NS-Staates. Die alten Organisationsstrukturen sollen nicht weiterbestehen. Aber vor allem die Engländer und Amerikaner zeigen große Sympathien für die Vereine auf lokaler Ebene. "Allerdings wollten sie einen Sport, der 'Bottom up' aufgebaut ist, also von den Gemeinden und Städten ausgeht", sagt Professor Michael Krüger, Sporthistoriker der Universität Münster. Ein demokratisch ausgerichteter, eigenständig organisierter und staatsferner Sportbereich soll entstehen.

Eine erste Sportkonferenz innerhalb der Westzonen findet Ende November 1946 in Frankfurt am Main statt. Knapp zwei Jahre später wird in Bad Homburg die "Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sport" (ADS) gebildet. Ihr Ziel ist es, eine umfassende Dachorganisation zu schaffen. Nach der Entstehung der Bundesrepublik im Mai 1949 lädt die ADS zum Aufbau einer solchen Spitzenorganisation ein. Am 10. Dezember 1950 wird in Hannover schließlich der "Deutsche Sportbund" (DSB) gegründet, ein Zusammenschluss der unterdessen neu entstandenen Landessport- und Fachverbände.

Willi Daume wird erster DSB-Präsident

Wer die Führung des Gremiums übernehmen darf, ist zunächst umstritten. Dann verständigen sich die großen Verbände Deutscher Fußball-Bund (DFB) und Deutscher Turner-Bund (DTB) auf einen Kompromisskandidaten: Willi Daume. Der Industrielle ist Präsident des Deutschen Handball-Bundes.

Ein personeller Neuanfang ist Präsident Daume, der 1936 als Basketballspieler bei den Olympischen Spielen in Berlin dabei war, allerdings nicht. Als NSDAP-Mitglied hat er während des Nationalsozialismus den Sport als Beitrag zur militärischen Ertüchtigung im Sinne eines höheren Kampfauftrags propagiert. DSB-Geschäftsführer unter Daume wird zudem Guido von Mengden. Dieser war Generalreferent des "Reichsportführers" Hans von Tschammer und Osten sowie NSRL-Stabsleiter. Wichtiger als Vergangenheitsbewältigung ist dem DSB offensichtlich der Rückgriff auf erprobte Organisations- und Führungsfähigkeiten.

Spagat zwischen Olympia und Sportabzeichen

Neben dem Neuaufbau muss die Führung des DSB vor allem die Balance zwischen Breiten- und Leistungsport finden. Bald nimmt die Bundesrepublik wieder an Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen teil. Der Spitzensport, politisch aufgeladen durch die Konkurrenz zum Ostblock, rückt immer mehr in den Fokus. Ein Umdenken setzt ein, als die Wohlstandsgesellschaft am eigenen Lebensstil zu erkranken droht. "Trimm dich durch Sport" heißt die Kampagne, die in den 1970er Jahren vom DSB initiiert wird. Sie wird ein großer Erfolg: "Es sind immerhin in den Jahren 1970 bis 1980 16 Prozent mehr Mitglieder in den Turn- und Sportvereinen gezählt worden", sagt Sportwissenschaftler Jürgen Dieckert.

Der DSB fusioniert 2006 mit dem "Nationalen Olympischen Komitee" (NOK). Der neu entstandene "Deutsche Olympische Sportbund" (DOSB) ist nun der zentrale Interessenverband des Sports, gleichermaßen zuständig für Senioren-Sportabzeichen und millionenschwere Olympiabewerbungen. Ob dieser Spagat angesichts der Zwänge des Leistungs- und Hochleistungssports funktioniert, bezweifelt Sporthistoriker Krüger. Er wirbt dafür, die Gründungsimpulse des DSB aus den Nachkriegsjahren nicht zu vergessen: "Dass die Sportentwicklung etwas ist, was von den Leuten ausgeht." Solange der Sport Teil der Zivilgesellschaft sei, bleibe er auch in Zukunft lebendig.

Stand: 10.12.2015

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