Zwei Ausgaben des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" vom 17.10.2015 (r.) und 24.10.2015 zur Fußball-WM 2006

16. Oktober 2015 - "Spiegel" berichtet über mutmaßlich gekaufte Fußball-WM 2006

Stand: 16.10.2020, 00:00 Uhr

"Die Welt zu Gast bei Freunden." Das ist das Motto der Fußball-Weltmeisterschaft 2006, die in Deutschland stattfindet.

Das Wetter ist prächtig, 18 Millionen Menschen besuchen das Public-Viewing. Die Bundesrepublik präsentiert sich als weltoffenes und fröhliches Fußball-Partyland.

Neun Jahre später fallen auf das "Sommermärchen" lange Schatten. Am 16. Oktober 2015 veröffentlicht das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" einen Artikel mit dem Titel "Sommer, Sonne, Schwarzgeld". Darin wird behauptet, die WM 2006 sei mutmaßlich gekauft worden.

Keine schwarzen Kassen?

Für den "Spiegel" steht fest: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat vier Mitglieder der FIFA dafür bezahlt, dass sie bei der Vergabe der WM im Jahr 2000 für Deutschland stimmten.

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach weist den Vorwurf zurück: "Die WM war nicht gekauft." Er könne versichern, dass es "definitiv keine schwarzen Kassen beim DFB" gegeben habe.

"Auch mir unklar"

Bei einer Pressekonferenz gibt Niersbach an, der DFB habe zehn Millionen Franken an die in der Schweiz ansässige FIFA überwiesen, um einen Zuschuss von 250 Millionen Franken zu erhalten. Auf die Nachfrage, worin der Zusammenhang bestehe, antwortet er: "Der ist auch mir unklar."

Seine Darstellung lässt sich nicht halten, die FIFA dementiert diese Version. Warum also zahlt der DFB umgerechnet 6,7 Millionen Euro an die FIFA? Auf dem Beleg ist vermerkt: "Beitrag Kultur-Programm FIFA". André Heller soll es organisieren, doch die geplante Veranstaltung findet nicht statt.

Geld an Katarer

Warum verlangt der DFB das Geld nicht zurück? Niersbach hat erneut keine schlüssige Erklärung und tritt zurück. Der DFB beauftragt eine Wirtschaftskanzlei mit der Klärung, wofür die 6,7 Millionen Euro gezahlt worden sind.

Die Kanzlei kann allerdings nicht alle Akten einsehen. Der Ordner "FIFA 2000" fehlt. Nach viereinhalb Monaten das Ergebnis: Über fünf verschiedene Kontoverbindungen sind die 6,7 Millionen Euro an den Katarer Mohammed bin Hammam gegangen.

Der SPIEGEL: Fußball-WM 2006 mutmaßlich gekauft (am 16.10.2015)

WDR 2 Stichtag 16.10.2020 04:14 Min. Verfügbar bis 14.10.2030 WDR 2


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Tatvorwürfe verjährt

Hammam war einer der vier Wahlmänner, die der DFB brauchte, um die WM nach Deutschland zu holen. Er wird 2012 von der FIFA wegen Korruption lebenslang gesperrt. Der frühere DFB-Schatzmeister Theo Zwanziger will von nichts gewusst haben.

Über vier Jahre beschäftigt sich die Schweizer Bundesanwaltschaft mit der Affäre. Nach wie vor ist jedoch ungeklärt, was im Jahr 2000 passiert ist. Der Betrugsprozess, der im März 2020 in der Schweiz beginnt, endet wegen überschrittener Verjährungsfrist ohne Urteil.

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 16. Oktober 2020 ebenfalls an den "Spiegel"-Bericht über die mutmaßlich gekaufte Fußball-WM 2006. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

Stichtag am 17.10.2020: Vor 5 Jahren: Attentat auf OB-Kandidatin Henriette Reker