Erster Interkontinentalflug mit Solar-Flugzeug gelingt

6. Juni 2012 - Erster Solar-Interkontinentalflug

Stand: 06.06.2017, 00:00 Uhr

Die Männer der Familie Piccard zieht es schon immer ins Extreme. Großvater Auguste fliegt 1931 mit einem Ballon zum ersten Mal in die Stratosphäre. Vater Jacques taucht 1960 mit einem U-Boot auf mehr als 10.900 Meter Tiefe in den Marianengraben. Als Enkel Bertrand 1999 mit einem Ballon die Erde ohne Zwischenlandung umrunden will, hat er ein großes Problem: "Jeden Tag während der 20 Flug-Tage hatte ich Angst, nicht genügend Treibstoff zu haben", erzählt Bertrand Piccard.

Der Schweizer schafft es dennoch - kurz bevor ihm das Gas ausgeht. "In diesem Moment habe ich wirklich verstanden, was es heißt, abhängig von fossilen Energien zu sein", erinnert sich Piccard und träumt fortan vom Fliegen ohne Treibstoff.

Angeborener Pioniergeist

Mit seinem angeborenen Pioniergeist will Piccard ein von Sonnenenergie angetriebenes Flugzeug entwickeln. Aber seine Idee findet bei Flugzeugbauern keine Unterstützung. "Es ist unmöglich, dies Flugzeug zu konstruieren", lautet das einstimmige Credo. Doch ein Piccard gibt nicht auf, und schließlich findet er in dem Ingenieur, Manager und leidenschaftlichen Piloten André Borschberg einen Verbündeten.

Gemeinsam suchen sie Sponsoren und beginnen 2004 das waghalsige Projekt. Fünf Jahre später geht das Solarflugzeug zum ersten Mal in die Lüfte. Ausgestattet mit elektrischen Motoren und Tausenden Solarzellen auf den Tragflächen, hat "Solar Impulse" eine größere Spannweite als ein Jumbojet. Der Solarflieger wiegt weniger als mancher Familienwagen, bietet aber auch keinerlei Komfort. Ohne Druckkabine ist es beim Fliegen tagsüber extrem heiß, nachts eiskalt, und der Pilot muss ständig eine Sauerstoffmaske tragen.

Von Erfolg zu Erfolg

Aber Piccard und Borschberg hangeln sich von Erfolg zu Erfolg: der erste Nachtflug, das erste Mal länger als 24 Stunden in der Luft. Dann wollen sie kontinentale Grenzen überwinden. Am 5. Juni 2012 startet Bertrand Piccard von Madrid und nimmt Kurs auf Rabat. "Der schönste Moment war natürlich Gibraltar, von einem Kontinent bis auf einen anderen", beschreibt der Pilot den Flug.

Nach 830 Kilometern und 20 Stunden ohne Treibstoff landet "Solar Impulse" am 6. Juni 2012 in Marokko. Der erste Interkontinentalflug mit einem Solarflugzeug ist geglückt und wird gleichzeitig der Startschuss zu einem neuen Projekt. Piccard und Borschberg wollen die Welt ohne Treibstoff umrunden und bauen ein zweites Solarflugzeug. Das bekommt mehr Batterien und mehr Solarzellen, damit der Pilot mehrere Tage und Nächte durchfliegen kann.

Einmal um die ganze Welt

Im März 2015 hebt "Solar Impulse 2" in Abu Dhabi ab. Doch das Wetter spielt nicht mit, die Batterien gehen kaputt, und die Behörden sind nicht flexibel. Piccard und sein Team überwinden dennoch alle Hindernisse, umrunden in 17 Etappen die Erde und landen im Juli 2016 wieder am Ausgangspunkt.

"Ich wollte Pioniergeist demonstrieren, den wir in der heutigen Welt benötigen", blickt Piccard zufrieden auf die Solarflieger - auch wenn es ein mit Sonnenenergie angetriebenes Passagierflugzeug nicht so bald geben wird. Die für "Solar Impulse" notwendigen umweltfreundlichen Entwicklungen können immerhin für Heizungen, Häusern und Autos verwendet werden.

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 6. Juni 2017 ebenfalls an den ersten interkontinentalen Solarflug. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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