Blick in den Verhandlungssaal des Internationalen Seegerichtshofs

3. Juli 2000 - Internationaler Seegerichtshof in Hamburg eingeweiht

Stand: 03.07.2020, 00:00 Uhr

Es ist ein ruhiger, klarer Tag im Spätsommer 2013. Die Sonne scheint über dem Polarmeer. Der unter niederländischer Flagge fahrende Eisbrecher "Arctic Sunrise" der Umweltschutzorganisation Greenpeace ist von einer - allerdings erfolglosen - Enter-Aktion einer Ölbohrplattform des russischen Gazprom-Konzerns zurückgekehrt. Jetzt sortiert die Crew vor der russischen Küste Fotos und Videos davon.

Plötzlich stoppen die Motoren. Sirenen heulen, Hubschrauberlärm ertönt. Dann entern russische Sicherheitskräfte das Schiff und bringen es in den Hafen von Murmansk. Die Besatzungsmitglieder werden wegen Piraterie angeklagt. Es drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Int. Seegerichtshof in Hamburg eingeweiht (am 03.07.2000)

WDR 2 Stichtag 03.07.2020 04:16 Min. Verfügbar bis 01.07.2030 WDR 2


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Geschenk an die UN

Aber: Darf Russland überhaupt ein Schiff aufbringen, das unter niederländischer Flagge fährt? Das ist eine Frage für den Internationalen Seegerichtshof (ISGH) in Hamburg: ein Spezialgericht der Vereinten Nationen für alle seerechtlichen Fragen.

Am 3. Juli 2000 bezieht die Institution ihren neuen, großzügig angelegten Gebäudekomplex aus Glas, Granit und Stahl an der Elbchaussee in Hamburg: ein Geschenk der Stadt und der Bundesrepublik Deutschland an die UN. Zumeist sind nur der Präsident und ein paar Angestellte dauerhaft vor Ort; Richter werden für Verfahren regelmäßig eingeflogen.

Trotzdem ist es gut, dass die Planer den Komplex so groß ausgestaltet haben: Bei Verfahren sind gern schon einmal über 20 Richter und 80 Anwälte nebst Stenografen und 250 Besuchern zugegen. Beim sogenannten Schiffsfreigabe-Verfahren von Greenpeace gegen Russland sind zudem 20 Kamerateams und 100 Pressevertreter dabei. Nur Russland hat keinen Vertreter geschickt, um Zweifel an der Kompetenz des Internationalen Seegerichtshofs in dieser Frage zu demonstrieren.

Urteil in 31 Tagen

In Schiffsfreigabe-Verfahren muss der Internationale Seegerichtshof innerhalb von 31 Tagen sein Urteil fällen – eine im Völkerrecht sensationelle Geschwindigkeit. Im Fall von Greenpeace urteilt das Gericht, dass Russland die "Arctic Sunrise" und die Besatzung unverzüglich freizulassen habe. Der Kreml kündigt umgehend an, Russland werde sich der Entscheidung nicht beugen. Zwar ist das Urteil rechtsverbindlich, doch hat der Gerichtshof nicht die Möglichkeiten, es durchzusetzen.

Aber das Urteil hat Strahlkraft, der internationale Druck auf Russland wächst. Ein paar Monate später kommen alle Greenpeace-Aktivisten frei.

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