Fossilie aus dem Senckenberg-Museum, Frankfurt am Main

4. Februar 1893 - Geburtstag des Anthropologen Raymond Dart

Stand: 04.02.2018, 00:00 Uhr

Anfang der 1920er Jahre entdecken Arbeiter in einem Steinbruch bei Taung in Südafrika Fossilien. Sie werden dem versierten Anatomen und Paläoanthropologen Raymond Dart vorgelegt. Dart erkennt sofort die Bedeutung des Funds, der als "Kind von Taung" in die Vorgeschichtsbücher eingehen wird.

Dart klassifiziert das "Kind von Taung" als Hominiden, der vor 2,4 Millionen Jahren gelebt haben muss. 1925 beschreibt er Ober- und Unterkiefer des Wesens als menschenähnlich. "Dieses Exemplar repräsentiert eine Entwicklungsstufe zwischen den Menschenaffen und den Menschen", heißt es dort. "Ich schlage vor, es 'Australopithecus Africanus' zu nennen – südlicher Affe aus Afrika." Durch diesen "Missing Link" beginnt der Weg zur Menschwerdung auf dem afrikanischen Kontinent.  

Raymond Dart, Anthropologe (Geburtstag 04.02.1893)

WDR 2 Stichtag 04.02.2018 04:14 Min. Verfügbar bis 02.02.2028 WDR 2


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Das Gegenargument beruht auf Fälschung

Geboren wird Dart am 4. Februar 1893 als Sohn eines Farmers in Australien. In Brisbane und Sydney studiert er zunächst Medizin und Biologie; nach dem Ersten Weltkrieg folgt er den berühmtesten Anatomen seiner Zeit, Sir Grafton Elliot Smith und Sir Arthur Keith, nach London. 1922 wird er Professor der Anatomie an der Medical School der University of the Witwatersrand in Johannesburg.

Das "Kind von Taung" macht Dart schnell berühmt, stößt in Fachkreisen aber zunächst auf starke Ablehnung: Die Wiege der Menschheit in Afrika zu sehen, passt so gar nicht ins eurozentrische Weltbild der Gelehrten – zumal der so genannte Piltdown-Mensch, der 1912 in Sussex in Südengland auftaucht, diese These zu widerlegen scheint. Fast 20 Jahre lang zieht sich Dart gekränkt aus der Paläoanthropologie zurück und baut die Anatomie-Abteilung seiner Universität auf. Als sich der Piltdown-Mensch als Fälschung herausstellt und sich im Verlauf der 1940er Jahre Funde in Afrika häufen, müssen Darts Kritiker sich geschlagen geben.

Mordlust als Triebfeder?

Als in der südafrikanischen Makapansgat-Höhle Fossilien aus der Zeit des Australopithecus zusammen mit Tierknochen gefunden werden, entwickelt Dart eine neue Theorie: Es ist die Idee des brutalen Jägers, der in der von ihm so bezeichneten "osteodokeratischen Kultur" die Aggression als Triebfeder der Menschheit entwickelte – Kannibalismus inklusive. Mit dieser Vorstellung prägt Dart unser Verständnis des Vormenschen bis heute.

Spätere Forscher machen eher Sozialverhalten als wichtigste Komponente auf dem Weg zum Homo sapiens aus. Jäger werden Vormenschen wie der Homo erectus vor 1,2 Millionen Jahren – allerdings nicht aus Mordgelüsten, sondern zur Sicherung familiärer Strukturen. Davon will Dart bis zu seinem Tod nichts wissen. Er stirbt 1988 im südafrikanischen Sandton.

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