Der amerikanische Zeitungsverleger Randolph Apperson Hearst 1974

Stichtag

2. Dezember 1915 - Verleger Randolph Hearst wird geboren

Als Randolph Apperson Hearst am 2. Dezember 1915 in New York geboren wird, gehört seine Familie bereits zu den reichsten und mächtigsten in Amerika. Den Grundstock legt der Großvater, der als Goldgräber, Minenbesitzer und Geschäftsmann ein beachtliches Vermögen zusammenträgt. Der Legende nach soll der spielfreudige George Hearst den "San Francisco Examiner" beim Pokern gewonnen haben. Das Blatt übergibt er seinem einzigen Sohn William Hearst, der als Harvard Student junge Mädchen und Alkohol mehr liebt als Vorlesungen und die Eliteuniversität unrühmlich verlassen muss.

Doch der verkrachte Akademiker besitzt einen Instinkt für die Wünsche der Massen: unwahre Geschichten, Unterhaltung, Entertainment. "All das, was die Boulevardpresse heute auch noch ausmacht, hat William Randolph Hearst erfunden", sagt Martin Bethke, der über die Hearst-Familie promoviert hat. Hearst wirbt der Konkurrenz die besten Journalisten ab, überschwemmt mit einer Millionenauflage den Zeitungsmarkt. Und er herrscht über seinen Medienkonzern, der auf dem Höhepunkt 28 Blätter umfasst, alleine, mischt sich immer wieder in die Politik ein. Seine skrupelllosen Machenschaften zeigt Orson Welles 1941 nahezu unverhüllt in dem Film "Citizen Kane".

Im Schatten des Übervaters

Auch privat lässt sich der Zeitungsmacher nichts vorschreiben. Obwohl verheiratet und fünffacher Vater, hat er 30 Jahre lang eine Affäre mit der Schauspielerin Marion Davies. Die dritte Generation mit Sohn Randolph Apperson Hearst wächst zwar wohlhabend, aber keineswegs in unproblematischen Verhältnissen auf. Zeit seines Lebens muss sich der Viertgeborene gegen seinen mächtigen Vater behaupten, der als Patriach über Firma und Familie wacht. Im Gegensatz zum Übervater beendet Randolph sein Harvard-Studium und steigt 1934 wie seine vier Brüder ins Familienimperium ein. Doch über alles herrscht weiterhin der Vater. Als dieser 1951 stirbt, hinterlässt er seinen Söhnen ein 125-seitiges Testament, das für die Nachfahren weit weniger Einfluss vorsieht, als diese erhofft haben.

Erst in den 1960er Jahren kann sich Randolph Apperson Hearst zusammen mit seinem Bruder William gegen den letzten Willen des Vaters durchsetzen. Gemeinsam sorgen die Junioren für eine neue Blüte des Medienimperiums, ändern die Strategie radikal: Statt Boulevard setzt die dritte Hearst-Generation nun auf seriöse Berichterstattung. "Der Transfer von einem allein geführten Konzern, der auch in der Meinungsführerschaft dominiert, hin zu einem objektiveren Unternehmen, ist schon eine beachtliche Leistung", findet Bethke. Zum Konzern gehören 14 Zeitungen, genauso viele Magazine wie "Cosmopolitan" oder "Esquire", sechs Fernsehsender, sieben Rundfunkstationen und fünf Nachrichtenagenturen. Randolph selbst lebt - anders als sein Vater - mit seiner Frau Catherine und den fünf Töchtern zurückgezogen, meidet jeden Medienrummel.

Entführung sorgt für Schlagzeilen

Bis er am 4. Februar 1974 selbst in die Schlagzeilen gerät. Seine 19-jährige Tochter Patricia – Patty- Hearst wird von einer Gruppe radikaler Linker gekidnappt. Statt Lösegeld fordern sie Nahrungsmittel für die Armen. Die Hearsts zahlen mehrere Millionen Dollar und gründen die Stiftung"People in Need". Doch auf die Rückkehr ihrer Tochter warten sie vergeblich. Zwei Monate später verkündet Patty auf einem Tonband, dass sie sich den linksradikalen Guerillas anschließt. Dann wird Patty Hearst fotografiert, wie sie bei einem Überfall auf eine Bank mit einer Maschinenpistole die Angestellten bedroht. Als das Ex-Entführungsopfer 1975 verhaftet wird, leistet sie keinen Widerstand. Sie wird ein Jahr später zu sieben Jahre Gefängnis verurteilt und 1979 vorzeitig entlassen.

Über diese bizarren Ereignisse muss Hearst auch in seinen Zeitungen berichten. Es sitzt während des Prozesses jeden Tag im Gericht, traurig und verbittert. Die Familie zerbricht, Randolph und Catherine lassen sich nach 41 Ehejahren scheiden. Seine Mitarbeiter wollen nach der Entführung eine Veränderung bemerken. "Ich glaube, er hörte die Botschaft seiner Tochter, dass seine Zeitungen den Kontakt zu einem großen - den bedürftigen - Teil der Bevölkerung verloren hatten", sagt ein Journalistenkollege. Seitdem tauchen die Hearsts nur noch gelegentlich mit Hochzeiten in der Presse auf. Randolph Apperson Hearst stirbt am 18. Dezember 2000 und selbst da steht der 85-Jährige im Schatten seines übermächtigen Vaters. Die Presse titelt: Der letzte Sohn von Citizen Kane ist tot.

Stand: 02.12.2015

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