Filmszene aus dem Musical "My Fair Lady"

15. März 1956 - Uraufführung des Musicals "My Fair Lady"

Stand: 15.03.2016, 00:00 Uhr

Mitte der 30er Jahre erwirbt der Produzent Gabriel Pascal die Rechte an einigen Dramen von George Bernard Shaw. Darunter ist auch das Stück "Pygmalion", in dem ein Professor namens Henry Higgins im Rahmen einer Wette versucht, dem Blumenmädchen Eliza Doolittle in sechsmonatigem Unterricht ihren Londoner Gassenjargon auszutreiben. 1938 verfilmt Pascal das Stück, dann will er ein Musical daraus machen. Aber Shaw sträubt sich. Erst nach seinem Tod 1950 ist das Projekt realisierbar.

Eigentlich hat Shaw recht: Dem Drama fehlt so ziemlich alles, was ein Musical auszeichnet. Herz fehlt, Schmerz fehlt, und Liebesflüstern auch. Komponist Frederick Loewe und Librettist Alan Jay Lerner gestalten den Stoff mit Ohrwürmern deshalb um, auch wenn sie ein Mindestmaß an Tiefgang beibehalten. Ihr "My Fair Lady" wird eine Lovestory - über den Sprachlehrer und seine resolute Schülerin, die in ihrer Verschiedenheit zueinander finden.

Alles haarklein vorgeschrieben

Am 15. März 1956 hat "My Fair Lady" im Mark Hellinger Theatre am New Yorker Broadway Premiere. Bald ist die Veranstaltung zwei Jahre im Vorhinein ausgebucht. Für die wenigen Stehplätze übernachten die New Yorker sogar vor der Theaterkasse. Mit über 2.700 Vorstellungen in Folge bricht "My Fair Lady" alle Rekorde. Das hat wohl nicht zuletzt damit zu tun, dass die Macher mit Rex Harrison, dem damals angeblich schönsten Mann der Welt, ein echtes Zugpferd im Ensemble haben. Da macht es nichts, dass Harrison einen großen Schönheitsfehler hat: Er kann gar nicht singen. Das erledigt letztlich Julie Andrews als Eliza. Für Harrison komponiert Loewe lieber einen Sprechgesang. Den Rest macht die Optik. Und Harrisons Vermögen, den unsympathischen Professor sympathisch zu vermitteln.

Nach der Uraufführung wird das Musical bald in die ganze Welt exportiert. "Die Mischung aus Schauspielszenen und Gesangsnummern, das war eine Sache, die das Publikum nachvollziehen konnte", erinnert sich Friedrich Schoenfelder, der bei der deutschen Premiere im Oktober 1961 im Berliner "Theater des Westens" den Pickering spielt, bevor er zu Professor Higgins aufsteigt. Um den Erfolg kalkulierbar zu machen, wird haarklein festgelegt, wie alles auszusehen hat: Jede Krawatte, jeder Schuh, jeder Anzug wird den ausländischen Regisseuren vorgeschrieben.

Die "Musical-Luftbrücke"

Fast wäre der Siegeszug von "My Fair Lady" in Berlin allerdings noch vor der Premiere ins Stocken geraten: Während der Proben beginnt die DDR in der geteilten Stadt mit dem Mauerbau. Da der Produktion durch den Wegfall ostdeutscher Besucher enorme Verluste drohen, arrangiert die Direktion des Theaters mit westdeutschen Reisebüros eine "Musical-Luftbrücke". Fortan werden Abend für Abend Zuschauer aus Frankfurt, Köln und München nach West-Berlin eingeflogen. Das sorgt zwei Jahre lang für ein ausverkauftes Haus.

Vielleicht liegt es auch an Friedrich Schoenfelder, der immer so zu spielen versucht wie bei seinem ersten Auftritt – trotz des täglichen Einerleis: "Das kann in eine unangenehme, leere Routine ausarten. Darf es aber nicht. Man muss das Gefühl haben: Das mach ich jetzt zum ersten Mal."

Stand: 15.03.2016

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