Helene Weigel als "Mutter Courage" im Deutschen Theater in Berlin

11. Januar 1949 - Brechts "Mutter Courage" hat Deutschlandpremiere

Stand: 11.01.2019, 00:00 Uhr

1938 lebt der damals 40-jährige deutsche Schriftsteller Bertolt Brecht im Exil. Über Prag, Wien und Zürich ist der mit dem Kommunismus sympathisierende Autor vor den Nationalsozialisten nach Skandinavien geflüchtet. Dort schreibt er das Drama "Mutter Courage und ihre Kinder".

Das Anti-Kriegs-Stück handelt von einer geschäftstüchtigen Marketenderin, die im Dreißigjährigen Krieg mit ihrem Planwagen durchs Land zieht und Handel mit Soldaten treibt, im Laufe der Zeit aber ihre drei Kinder verliert. "Ich lasse mir den Krieg nicht madig machen" lautet ein Schlüsselsatz, "Der Krieg soll verflucht sein" ein anderer.

Deutsche Premiere von Brechts "Mutter Courage" (am 11.1.1949)

WDR 2 Stichtag 11.01.2019 04:11 Min. Verfügbar bis 08.01.2029 WDR 2


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Zurückgekommen in die DDR

1941 wird "Mutter Courage" am Schauspielhaus Zürich mit Therese Giese in der Hauptrolle uraufgeführt. Da Kritiker vor allem das Mütterliche der Hauptfigur herausstellen, arbeitet Brecht den Text nochmals um. Am 11. Januar 1949 hat das Stück am Deutschen Theater in Berlin öffentlich Premiere. Zuvor wird es in einer geschlossenen Aufführung vor Gewerkschaftsmitgliedern gezeigt. Da ist Brecht nach Deutschland zurückgekommen – ganz bewusst in die DDR.

Während bei der Aufführung in Zürich Hitlers Ende noch nicht absehbar war, führt das Stück den Zuschauern in der Trümmerlandschaft Berlins das eigene Leid auf einer bewusst fast leeren Bühne vor Augen. Brechts Frau Helene Weigel wird als Mutter Courage von Presse und Publikum bejubelt. Das Stück ist ein großer Erfolg.

Reflexion statt Einfühlung

Ganz offensichtlich geht es Brecht in "Mutter Courage" darum zu zeigen, dass der einfache Mensch am Krieg nur verlieren kann – und selbst bei stärkstem Überlebenswillen unweigerlich verliert, wenn die Umstände es wollen. "Die dem Publikum fühlbare Tragik der Courage bestand darin, dass hier ein entsetzlicher Widerspruch bestand, der einen Menschen vernichtete, ein Widerspruch, der gelöst werden konnte, aber nur von der Gesellschaft selbst und in langen, schrecklichen Kämpfen", schreibt Brecht über sein Stück.

Formal ist "Mutter Courage" ein Beispiel für Brechts "episches Theater", das nicht auf emotionale Einfühlung baut, sondern auf Distanz und Reflexion. Der Betrachter soll sich selbst sein Urteil bilden: "Dem Stückeschreiber obliegt es nicht, die Courage am Ende sehend zu machen. Ihm kommt es darauf an, dass der Zuschauer sieht".

Bertolt Brecht stirbt 1956 mit 58 Jahren in Ost-Berlin.

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