Mungo Park reitet umringt von Schwarzen in Jumbo ein

20. Juli 1796 - Mungo Park erreicht als erster Europäer den Niger

Stand: 20.07.2016, 00:00 Uhr

Wo entspringt der Niger, wie ist sein Verlauf, wo mündet er? Nichts wissen die Geografen des 18. Jahrhunderts über Afrikas drittlängsten Strom, nicht einmal, ob er wirklich existiert. Kein Weißer hat ihn je gesehen, lediglich in antiken Quellen wird er erwähnt. Überhaupt ist das Innere Westafrikas noch völlig unbekannt und wird auf Landkarten nur als weißer Fleck dargestellt, bevölkert von wilden Bestien.

Mungo Park, ein junger schottischer Arzt, setzt alles daran, die Rätsel um den Niger zu lösen. Er weiß: "Wenn ich Erfolg habe, werde ich mir einen größeren Namen als je ein Mann zuvor erwerben." Von Botanik fasziniert und mit der Erfahrung einer Seereise nach Sumatra schafft es Mungo Park 1794, die kurz zuvor in London gegründete "African Association" für eine Expedition zu gewinnen. Viel Geld, Ausrüstung und eine Mannschaft bekommt er allerdings nicht. So wird seine Reise ins Unbekannte zu einem Himmelfahrtskommando. Niemand in London erwartet, Mungo Park je lebend wiederzusehen.

Unter Spionageverdacht in Gefangenschaft

Nur mit einigen Messgeräten, Kompass und zwei Flinten ausgestattet geht der 23-Jährige am 20. Juni 1795 an Afrikas Westküste an Land. Im Gepäck hat er lediglich einen Anzug zum Wechseln, Mantel, Sonnenschirm und eine Decke. Die einsetzende Regenzeit verbringt Mungo Park in Pisania, einer 150 Kilometer entfernten englischen Handelsstation, wo er eine schwere Malaria übersteht. Ende November, bei drückender Hitze, bricht er in Begleitung zweier Diener und geführt von einem Sklavenhändler ins Ungewisse auf. Vor ihm liegen der dichte Dschungel und die Gebiete mohamedanischer Mauren und Tuareg, die dem Weißen mal gastfreundlich, mal hasserfüllt begegnen. Am 7. März 1796 gerät Mungo Park im heutigen Mali in Gefangenschaft. Man hält ihn für einen Spion, der Handelsrouten auskundschaftet.

"Ich war ein Fremder, ich war unbeschützt und ich war Christ. Jeder dieser Umstände einzeln genommen ist ausreichend, um aus dem Herzen eines Mauren jeden Funken von Menschenliebe zu verbannen", schreibt Park verzweifelt in sein Tagebuch. Fast verdurstet und dem Hungertod nahe kann er nach vier Monaten fliehen. Völlig allein gelingt es ihm dennoch, sein Ziel zu erreichen. Am 20. Juli 1796 steht Mungo Park als erster Europäer am Ufer des Niger: "Glitzernd in der Morgensonne, so breit wie die Themse bei Westminster und langsam in östlicher Richtung fließend." Wegen der beginnenden Regenzeit muss der Entdecker jedoch den Rückweg antreten. Mehr tot als lebendig erreicht er neun Monate später seinen Ausgangspunkt Pisania. An Heiligabend 1797 ist Mungo Park wieder zurück an der Themse.

Tod auf dem Niger

Londons Society lauscht gebannt den Berichten seiner mörderischen Abenteuer. Dann kehrt Park heim ins schottische Selkirk und schreibt den Bestseller "Reisen ins Innerste Afrikas". Exakt schildert er darin geologische, geografische und botanische Beobachtungen sowie die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse. Noch heute gilt das Buch als Klassiker der Reiseliteratur. Park heiratet, praktiziert als Arzt, doch der "mühselige Beruf" füllt ihn nicht aus. Im Januar 1805, seine Frau ist bereits mit dem vierten Kind schwanger, beauftragt ihn die Regierung endlich mit einer zweiten Expedition, um Quelle und Mündung des Niger zu finden. Drei Wochen später bricht Mungo Park auf, diesmal mit einer Begleitmannschaft von 45 Mann, darunter sein Freund und Schwager Alexander Anderson.

Unter unsäglichen Strapazen kämpft sich der Expeditionstrupp während der Regenzeit durch den Dschungel. Als Park am 14. August 1805 den Niger erreicht, sind bereits 31 Männer Krankheiten und Kämpfen mit den Mauren zum Opfer gefallen. Trotzdem lässt Park ein Boot bauen und setzt Ende September die Reise in Richtung Küste fort; drei Wochen später stirbt auch Alexander Anderson. Am 17. November 1805 schreibt Park den letzten Brief, der die Regierung in London erreicht. Hunderte Kilometer von ihrem Ziel entfernt werden die Reisenden von Tuareg überfallen. Alle Begleiter Parks finden dabei den Tod. Ob auch Mungo Park ermordet wird oder in dem Fluss, den er entdeckt hat, ertrinkt, kann nie geklärt werden.

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 20. Juli 2016 ebenfalls an Mungo Parks Reise zum Niger. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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