Michail Gorbatschow und Ehefrau Raissa 1989 bei Staatsbesuch in Deutschland

2. März 1931 - Michail Gorbatschow wird geboren

Stand: 02.03.2016, 00:00 Uhr

Der 25. Dezember 1991 geht in die Weltgeschichte ein. Seit 1917 weht die rote Fahne der Sowjetunion über dem Kreml in Moskau. An diesem Tag wird sie eingezogen, denn die Weltmacht hat aufgehört zu existieren. Im Fernsehen spricht Staatspräsident Michail Gorbatschow ein letztes Mal zu seinem Volk: "Wir leben in einer neuen Welt. Der Kalte Krieg wurde beendet, das Wettrüsten gestoppt und alles getan, um die sichere Kontrolle über die Atomwaffen zu erhalten."

Nur knapp sieben Jahre hatte Michail Gorbatschow Zeit, in seinem Riesenreich den Rückstand von Jahrzehnten aufzuholen. Ein Kraftakt, der die politische Ordnung Osteuropas aus den Angeln hebt und letztlich zur Auflösung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) führt. In der westlichen Welt, vor allem in Deutschland, wird Gorbatschow als mutiger Reformer gefeiert. Im eigenen Land aber stürzt der Kreml-Herrscher am Weihnachtstag 1991 in die politische Bedeutungslosigkeit.

Das Ende der Moskauer Gerontokratie

Mit 40 Jahren steigt der am 2. März 1931 geborene Michail Gorbatschow 1971 in das ZK der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) auf. Gefördert von KGB-Chef Juri Andropow, der wie er aus dem Kaukasus stammt, wird der reformfreudige Funktionär 1980 das jüngste Mitglied im Politbüro, dem innersten Kreis der Macht. 1982 tritt Andropow die Nachfolge des verstorbenen Staatschefs Leonid Breschnew an und Gorbatschow geht in seinem Auftrag massiv gegen korrupte Parteikader vor. Als nach dem Tod des schwer kranken Andropow 1984 der ebenfalls altersschwache Konstantin Tschernenko zum Generalsekretär der KPdSU gewählt wird, gilt der Agrarökonom und Jurist Gorbatschow  bereits als zweiter Mann in der Kreml-Hierarchie.

Am 10. März 1985, nach nur wenigen Monaten im Amt, ist auch der 74-jährige Tschernenko tot. Im Westen reibt man sich verwundert die Augen, als ein vergleichsweise junger Mann die Ära der Gerontokraten beendet: Mit 54 Jahren wird Michail Sergejewitsch Gorbatschow neuer Generalsekretär der KPdSU. Der jenseits des Eisernen Vorhangs weitgehend unbekannte Kremlchef macht sofort Tabula rasa. Drei Dutzend Minister und mehr als 50 Parteifunktionäre werden abgelöst. Noch im selben Jahr verkündet Gorbatschow ein revolutionäres Programm: Durch einen grundlegenden Umbau der Sowjet-Gesellschaft ("Perestrojka"), eine neue Offenheit ("Glasnost") und die Schaffung marktwirtschaftlicher Strukturen soll die ökonomische Stagnation der UdSSR überwunden werden.

Totalrevision der sowjetischen Politik

Obwohl US-Präsident Ronald Reagan mit seinem "Star Wars"-Programm den Kalten Krieg anheizt, startet Gorbatschow einen Verhandlungsmarathon um die atomare Abrüstung. Im Dezember 1987 unterzeichnen die beiden mächtigsten Männer der Welt einen Vertrag über die Beseitigung aller Mittelstreckenraketen. Zudem beendet Gorbatschow den Krieg in Afghanistan und kündigt einen radikalen Truppenabbau an. Bei seinem Besuch in der Bundesrepublik im Juni 1989 wird er als Hoffnungsträger für eine friedliche Zukunft bejubelt. Drei Monate später ist Gorbatschow zum 40. Jahrestag der DDR-Gründung in Ost-Berlin zu Gast. "Gefahren warten nur auf jene, die nicht auf das Leben reagieren", warnt er den greisen, reformunfähigen Erich Honecker, stößt aber auf taube Ohren. Nach dem Fall der Mauer gibt Gorbatschow der Bonner Regierung seine Zustimmung zur deutschen Einheit.

Durch eine Totalrevision der sowjetischen Außenpolitik erhalten die Länder des Warschauer Pakts das Recht, ihre Staatsform selbst zu bestimmen. Mit dem Friedensnobelpreis geehrt, beendet Gorbatschow das Machtmonopol der KPdSU, führt ein Präsidialsystem ein und wird im März 1990 zum ersten Präsidenten gewählt. Doch der alte kommunistische Apparat wehrt sich gegen seine Entmachtung. Einen Putsch reformfeindlicher Kräfte im August 1991 übersteht Gorbatschow nur durch das energische Einschreiten des russischen Präsidenten Boris Jelzin. Nach 72 Stunden kehrt Gorbatschow zwar ins Präsidentenamt zurück, doch die Dynamik der von ihm eingeleiteten Perestrojka kann er nicht mehr steuern. Entgegen seinen Absichten beschließt der Oberste Sowjet, das höchste Organ der UdSSR, die Umwandlung des Vielvölkerreichs in eine Föderation souveräner Staaten. Im Dezember 1991 bilden die drei slawischen Republiken Russland, Ukraine und Weißrussland die Keimzelle der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Am selben Tag tritt Michail Gorbatschow als sechster Nachfolger Lenins und letzter Sowjetführer von allen Ämtern zurück. Der neue starke Mann im Kreml heißt nun Boris Jelzin.

Stand: 02.03.2016

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