Berühmte Fälschung: Mann mit dem Goldhelm

13. März 1986 - "Mann mit dem Goldhelm" laut Experten nicht von Rembrandt

Stand: 13.03.2021, 00:00 Uhr

Eigentlich ist der "Mann mit dem Goldhelm" ein Goldhelm mit Mann. Denn das nur halb aus der Dunkelheit ragende Gesicht des älteren Herrn geht gegenüber dem mit pastosem Auftrag gemalten leuchtenden Gold seiner Kopfbedeckung fast unter.

Über Jahrhunderte gilt der "Mann mit dem Goldhelm" als eines der herausragenden Meisterwerke des niederländischen Malers Rembrandt van Rijn. Als solches entwickelt er sich zu einer Art Posterboy des Bürgertums. Noch zur Mitte des 20. Jahrhunderts hängen unzählige, teils barock gerahmte Gemäldekopien in den guten Stuben. Da gilt der unter dem Goldhelm porträtierte Mann noch als Rembrandts Bruder Adriaen.

Der Mann mit dem Goldhelm kein Rembrandt (am 13.03.1986)

WDR 2 Stichtag 13.03.2021 04:16 Min. Verfügbar bis 11.03.2031 WDR 2


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Ein Star stürzt vom Sockel

Das Original des "Manns mit dem Goldhelm" gehört seit 1897 zum Bestand der Berliner Gemäldegalerie. Bezahlt wird er mit Mitteln des Kaiser-Friedrich-Museums-Vereins. Und gekauft, obwohl auf der Leinwand nirgendwo eine Signatur zu sehen ist. Direktor Wilhelm von Bode ist das offenbar egal. Sorgsam ausgeleuchtet, ist das Gemälde fortan der ganze Stolz des Museums.

Aber es gibt ja noch das Rembrandt Research Project in Amsterdam. In diesem Institut haben sich 1968 Wissenschaftler zusammengeschlossen, um die Echtheit von Werken des Meisters zu überprüfen, dem wegen der schier unstillbaren Nachfrage schon zu Lebzeiten zahlreiche Schüler zuarbeiten mussten - und der zahlreiche Nachahmer hatte. Ernst van de Wetering gehört zum Team. Anfang der 1970er Jahre reist der Kunsthistoriker mit einem Kollegen nach Berlin, um den "Mann mit dem Goldhelm" zu begutachten.

Kann sein was nicht sein darf?

"Wir waren perplex", wird er sich später erinnern. "Denn es war mit einem Blick klar, dass das kein Rembrandt sein konnte." Der Goldhelm sei perfekt konstruiert: "aber in einer Weise perfekt, wie Rembrandt es nie tun würde." Auch der Kontrast zwischen Helm und Gesicht ist für die Forscher viel zu groß. 

Trotzdem kann und will Ernst van de Wetering sein Urteil lange Zeit selbst kaum glauben: Zu sehr hat sich der "Mann mit dem Goldhelm" schon in den Rembrandt-Kanon eingeschrieben. Es folgen weitere Untersuchungen mit Ultraschall und Infrarot, zuletzt sogar mit Neutronenbeschuss. Schließlich einigen sich die Experten, dass das Bild nicht von Rembrandt gemalt worden ist, wohl aber aus seiner Werkstatt stammen könnte. Immerhin stammen die Farbpigmente tatsächlich aus dem 17. Jahrhundert.

Am 13. März 1986 geben die Staatlichen Museen zu Berlin die Abschreibung bekannt. Für den damaligen Direktor der Gemäldegalerie Jan Kelch ist das ein persönlicher Schock: "Als wenn ein Familienmitglied gestorben wäre", sei das gewesen. Aber der "Mann mit dem Goldhelm" lebt bis heute, wenn auch nicht mehr im Rampenlicht. Und ist ja auch irgendwie noch dasselbe gute Gemälde. Ob es nun von Rembrandt stammt oder nicht.​

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