Ludwig Erhard (CDU), Wirtschaftsminister und Bundeskanzler

5. Mai 1977 - Ludwig Erhard stirbt in Bonn

Stand: 05.05.2017, 00:00 Uhr

Für die CDU ist Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard in den 1950er Jahren eine Wahlkampf-Lokomotive. Sein wirtschaftspolitisches Konzept der Sozialen Marktwirtschaft verspricht "Wohlstand für alle". Der wirtschaftliche Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg macht ihn zum "Vater des Wirtschaftswunders". Seine Popularität in der Bevölkerung sichert Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) Wahlsiege. Das Verhältnis der beiden ist allerdings kompliziert.

Erhard meldet schon früh Nachfolge-Ansprüche an, was Adenauer ihm übel nimmt. Anfang der 1960er Jahre versuchen es die beiden Rivalen noch einmal mit Humor und gegenseitigen Geschenken. Erhard übergibt dem Kanzler eine Bank mit der Bemerkung: "Ich nehme gleich die schlechten Witze vorweg: Sie soll keine Aufmunterung sein, sich zur Ruhe zu setzen." Adenauer kontert: "Ich habe gehört, dass Sie eine Schreibtischuhr gerne hätten - hat keinen Wecker."

Bereitet Währungsunion vor

Der am 4. Februar 1897 in Fürth geborene Erhard passt Adenauer lange ins Konzept: Der "Dicke" mit Zigarre hat keine Nazi-Vergangenheit, er ist evangelisch - was nach außen als ein gewisser Ausgleich zum katholischen Kanzler wirkt. Und er ist Wirtschaftsexperte: Nach Kriegsende hat ihn die US-Besatzungsmacht in Bayern zum Wirtschaftsminister ernannt, bevor er 1947 als Leiter einer Expertenkommission mit der Vorbereitung der Währungsreform betraut wird.

Im Jahr darauf wird Erhard Wirtschaftsdirektor der britisch-amerikanischen Bizone. Auf eigene Initiative gibt er - parallel zur Einführung der D-Mark - die Preise frei: "Jede Beschränkung, die uns an der Anwendung eines echten, freien Leistungswettbewerbs hindert, wird wieder nur in einer anderen Spielart der immer volksfeindlichen Zwangswirtschaft enden."

Setzt sich bei Alliierten durch

Die Preisfreigabe stößt bei den Westalliierten auf Widerstand, doch sie lassen Erhard gewähren. "Nur er hat diesen Mut und dieses Standing", sagt Wolfgang Tischner von der Konrad-Adenauer-Stiftung. Nach ein paar Monaten habe der Aufschwung begonnen. "Dann zeigt sich eben, dass Erhard Recht hat." Fünf Jahre lang wächst das Bruttosozialprodukt um je neun Prozent, danach weitere fünf Jahre um je sechs Prozent.

Erhard, der ab 1949 Bundeswirtschaftsminister ist, bringt unter anderem die Arbeitnehmer-Mitbestimmung in der Montanunion, eine Rentenreform und den Lastenausgleich für Vertriebene und Bombenopfer auf den Weg.

Folgt Adenauer als Kanzler

Nach der mit absoluter Mehrheit gewonnen Bundestagswahl 1957 wird Erhard Vizekanzler. Trotzdem verbreitet Adenauer wiederholt, dass sein Stellvertreter für die Kanzlerschaft zu weich sei. "Menschlich nicht schön, was Adenauer da macht", sagt CDU-Experte Tischner. "Aber in der sachlichen Einschätzung, dass Erhard als Kanzler nicht gut geeignet ist, da hat er sicherlich recht."

Adenauers Versuch, Erhard ins Amt des Bundespräsidenten wegzuloben, scheitert. Der 85-Jährige, der seit zwölf Jahren im Amt ist, will unbedingt selber Kanzler bleiben. 1961 gewinnt Adenauer zum vierten Mal die Bundestagswahl. Doch Erhard hat mittlerweile die CDU/CSU-Fraktion im Rücken. 1963 tritt Adenauer schließlich zurück, Erhard wird Kanzler.

Verpasst Dialog mit DDR

Erhard ist endlich im Amt, große Erfolge bleiben allerdings aus. Auf sein Konto geht zwar zum Beispiel Israels Anerkennung als Staat. Aber während die SPD mit Willy Brandt ihre Neue Ostpolitik entwickelt, verpasst Erhard einen Dialog mit der DDR. Er ist der Meinung: "Ungleichnamiges ist eben nicht auf einen Nenner zu bringen!"

1965 gewinnt Erhard für die CDU noch einmal die Bundestagswahl. Doch sein Rückhalt in der Partei schwindet. Im März 1966 wird er zwar noch zum Parteivorsitzenden gewählt, aber hinter den Kulissen wird - mit Unterstützung Adenauers - die erste Große Koalition in Stellung gebracht. Im Dezember 1966 ist Schluss: Erhard tritt als Kanzler zurück, bleibt aber einfacher Abgeordneter - bis zu seinem Tod am 5. Mai 1977 in Bonn.

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