Lew Jaschin, sowjetischer Fußballtorwart (Aufnahme von 1966)

20. März 1990 - Lew Jaschin stirbt in Moskau

Stand: 20.03.2020, 00:00 Uhr

Er gilt in den 1950er und 1960er Jahren als weltbester Fußball-Torhüter: Lew Jaschin von Dynamo Moskau. Der 1929 geborene Arbeitersohn führt einen neuen Stil ein. Er bleibt als erster Torwart nicht auf der Linie stehen, sondern spielt bis weit vor dem Strafraum mit. Gelobt werden sein Stellungsspiel, seine Übersicht und sein Gespür für die Entwicklung des gegnerischen Angriffs.

In jungen Jahren will Jaschin Schach-Weltmeister werden und treibt viel Sport. Bevor er sich für Fußball entscheidet, spielt er im Eishockeytor auf nationalem Niveau.

Lew Jaschin, Fußballtorwart (Todestag 20.03.1990)

WDR 2 Stichtag 20.03.2020 04:17 Min. Verfügbar bis 18.03.2030 WDR 2


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Karriere nach Stalins Tod

Unter Stalin ist Fußball offiziell verpönt. Erst nach dem Tod des Diktators ertönt die sowjetische Hymne wieder bei Länderspielen. Ab 1954 konzentriert sich Jaschin auf den Fußball. Im selben Jahr debütiert er beim 7:0-Erfolg über Schweden in der sowjetischen Nationalelf und gewinnt den ersten von fünf Meistertiteln mit Dynamo Moskau.

Jaschin prägt die erfolgreichste Fußball-Epoche der Sowjetunion mit dem Olympiasieg 1956 und dem EM-Titel 1960. Sein Erfolgsgeheimnis? "Es gibt keins", sagt er. "Wir sprechen über totale Hingabe, über eine Berufung, ans Limit und darüber hinaus zu gehen."

Zigaretten und Wodka

Jaschin wird das Aushängeschild des sowjetischen Fußballs gegenüber dem Westen. Worüber in der UdSSR nicht geschrieben werden darf: Er raucht 80 Zigaretten am Tag und trinkt Wodka.

Nach der WM 1962 macht ein Gerücht die Runde: Bei den Patzern des Keepers sei Alkohol im Spiel gewesen. "Er stand neben sich, war deprimiert, ging nicht mehr zum Training", sagt Jaschins Ehefrau Walentina später.

"Europas Fußballer des Jahres"

Die Karriere steht auf der Kippe. "Ich habe alles in mich reingefressen, habe furchtbar gelitten", so Jaschin. "Nach der WM beschloss ich, die Schuhe an den Nagel zu hängen." Aber er macht weiter und fängt sich - 1963 wird er als bislang einziger Torwart "Europas Fußballer des Jahres".

Bei der WM 1966 zerstört ein junges Talent den Titel-Traum des inzwischen fast 37-Jährigen: Franz Beckenbauer. Beim 2:1-Halbfinalsieg der BRD trifft er gegen Jaschin.

"Held der sozialistischen Arbeit"

1971 verabschiedet sich Jaschin vom aktiven Fußball, wird Vorsitzender von Dynamo Moskau und Vizepräsident des sowjetischen Fußball-Verbandes. Allerdings machen ihm zunehmend Herz-Kreislauf-Beschwerden zu schaffen. Schließlich erkrankt er an Magenkrebs.

Lew Jaschin stirbt am 20. März 1990 in Moskau. Kurz vor seinem Tod ist er als erster sowjetischer Sportler von der Gorbatschow-Regierung als "Held der sozialistischen Arbeit" ausgezeichnet worden.

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