Lale Andersen gewinnt Vorentscheid für Schlager Grand Prix (1961)

29. August 1972 - Todestag der Sängerin Lale Andersen

Stand: 29.08.2017, 00:00 Uhr

"Vor der Kaserne, vor dem großen Tor, / Stand eine Laterne, und steht sie noch davor": Das Image als Sängerin von "Lili Marleen" wird Lale Andersen nicht los. Ein Leben lang hängt der Welthit aus dem Zweiten Weltkrieg als Ballast an ihrer weiteren Karriere – und verfolgt sie bis in den Tod. In ihrem Testament soll sie verfügt haben, dass bei ihrer Beerdigung irgendetwas gespielt werden dürfe, nur nicht "Lili Marleen". Dem Wunsch kommt die Nachwelt nicht nach.

Als Lale Andersen am 29. August 1972 nach langer Krankheit während einer Lesereise in Österreich im Alter von 67 Jahren stirbt, kommen ihre drei Kinder zur Beerdigung nach Wien. "Wir saßen in der ersten Bank", erinnert sich Andersens Sohn Michael. "Sie wurde ja verbrannt und eingeäschert, und die Kirche war voll, und dann fing der Organist an – und was spielt er? 'Lili Marleen'!".

Lale Andersen, Sängerin (Todestag 29.08.1972)

WDR 2 Stichtag 29.08.2017 04:14 Min. Verfügbar bis 27.08.2027 WDR 2


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Nordische Lieder wegen der Nazis

Geboren wird Andersen 1905 als Liese-Lotte Bunnenberg in Lehe bei Bremerhaven. Schon früh begeistert sie sich für Lyrik. Mit 16 verliebt sie sich unsterblich in einen zehn Jahre älteren Kunstmaler, den sie bald heiratet. Mit 24 Jahren hat sie bereits drei Kinder und genug von der Ehe. 1929 verlässt sie die Familie und geht nach Berlin, wo sie im Theater und im Kabarett auftritt, interpretiert mit mäßigem Erfolg im Rollkragenpullover Brecht und Seemannslieder in der "Nordseekrabbe" und im "Groschenkeller". Richtig singen, befinden die Kritiker, könne sie eigentlich nicht.

1933 begegnet Andersen dem Komponisten Rolf Liebermann, der ihr ein Repertoire erarbeitet. Zu dieser Zeit plant sie, nach Zürich zu gehen, aber die Fremdenpolizei findet den Lebenswandel der Sängerin suspekt und verbietet die Einreise. So muss sie sich mit den Nationalsozialisten arrangieren, um weiter auftreten zu können, trennt sich von Bubikopf und Rollkragenpullover und singt im Norwegerkleid nordische Lieder.

Hit vom Nordkap bis nach Afrika

Ende der 1930er Jahre stößt Andersen auf die Vertonung eines Textes über Lili Marleen des Dichters Hans Leip von Rudolf Zink. Mit einigem Erfolg präsentiert sie das Lied im Münchner Kabarett "Simplicissimus". 1939 präsentiert ihr der Komponist Norbert Schulze seine Version. Unter dem Titel "Lied eines jungen Wachtpostens“ entsteht eine Schallplatte, die sich aber auch nur 700 Mal verkauft. Erst als in Belgrad nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Jugoslawien ein Soldatensender aufgebaut wird, der dringend Lieder braucht, wird "Lili Marleen" über die Sehnsucht eines Soldaten nach seiner Liebsten und nach der Heimat an der Front vom Nordkap bis nach Afrika zum Hit.

Lale Andersen ist ein Star, bezieht eine Luxuswohnung am Kurfürstendamm und kann die Kinder zu sich holen. Goebbels gefällt das pessimistische Lied allerdings nicht, auch SS-Führer Hans Hinkel macht der Sängerin Probleme; als "Lili Marleen" nach 1942 nicht mehr gespielt werden darf, mutmaßt das Propaganda-Programm der BBC, die Sängerin sei ins KZ verschleppt worden. Andersen darf wieder auftreten, um den Feind Lügen zu strafen.

In den 50er Jahren versucht Andersen, als Schauspielerin, mit Brecht-Platten und einem Auftritt beim Grand Prix erfolglos, ihre Karriere weiterzutreiben. Nur ihre Version "Ein Schiff wird kommen" eines griechischen Liedes wird 1960 ein Hit. Im Gedächtnis bleibt sie vor allem bei den Soldaten. Die Bundeswehr in Niedersachsen feiert einen "Lili-Marleen-Tag", und Radio Andernach grüßt mit ihr noch immer die Soldaten in Afghanistan.

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