Julius Baer, Schweizer Bankhaus

14. April 2011 - Julius Bär kauft sich bei deutscher Steuerbehörde frei

Stand: 14.04.2016, 00:00 Uhr

"Wir haben uns mit den Behörden geeinigt, um langwierige und, wie wir glauben, mühsame Ermittlungen zu vermeiden", verkündet Julius-Bär-Chef Boris Collardi am 14. April 2011. Die Abmachung: 50 Millionen Euro überweist das Schweizer Bankhaus nach Deutschland. Im Gegenzug stellen die deutschen Behörden die Ermittlungen gegen Mitarbeiter der Bank wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ein.

Auslöser der Vereinbarung ist eine CD mit Unterlagen über rund 200 Julius-Bär-Kunden, die das Land Nordrhein-Westfalen im Herbst 2010 angekauft hat. "Diejenigen, die wirklich auf ungesetzliche Art unversteuertes Geld ins Ausland bringen, dürfen nicht damit rechnen, dass wir Skrupel haben, eine CD zu kaufen", rechtfertigt NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans das umstrittene Vorgehen der Steuerfahnder. Zumal das Bundesverfassungsgericht den Ankauf von illegal erlangten Informationen absegnet. Für die CD mit den gestohlenen Julius-Bär-Daten sollen 1,4 Millionen Euro geflossen sein.

Weisen Mitabeiter den Weg am Fiskus vorbei?

Ins Visier der Staatsanwaltschaft rücken nicht nur die Kunden von Julius Bär, die Geld am Fiskus vorbei geschafft haben sollen, sondern auch die Bank. Der Verdacht: Mitarbeiter haben den Steuerhinterziehern den Weg gewiesen. Das Schweizer Geldinstitut selbst kann nicht belangt werden, dazu fehlt in Deutschland ein entsprechendes Unternehmensstrafrecht. Deshalb müssen die Staatsanwaltschaften einzelnen Bankmitarbeitern ein schuldhaftes Verhalten nachweisen – angesichts der komplexen Materie eine Herkulesaufgabe.

Und: Die jeweilige Summe, die im Falle einer Verurteilung gezahlt werden müsste, hängt vom Einkommen und Vermögen des belangten Bankangestellten ab. "Das steht aber natürlich in überhaupt keinem Verhältnis zu dem Vermögen oder zu den Zahlungsströmen, die eine solche Bank als Ganzes hat", erklärt Wirtschaftsethiker Bernhard Emunds. Somit ist die rasch zustande gekommene Einigung zwischen Julius Bär und dem deutschen Staat letztlich für beide Seiten vorteilhaft: Für das Geldinstitut, das nicht länger um seinen Ruf bangen muss. Denn Julius Bär kann bis zuletzt das Schadenpotenzial nicht zuverlässig einschätzen, weil die Banker die CD selbst nicht einsehen können.

UBS zahlt 300 Millionen Euro

Die deutschen Behörden sind zufrieden, weil ohne Gerichtsverfahren Millionen fließen. Zudem bleibt ihnen der Zugriff auf fehlbare Kunden weiter erlaubt. Anders als für die Bank entfaltet die Ablasszahlung für die Steuersünder keinerlei erlösende Wirkung. Trotzdem sind nicht alle mit dem Deal zwischen Wirtschaft und Staat einverstanden. "Selbst wenn die Ermittlungen schwierig sind: Die Beihilfe für Reiche, ihr Geld außer Landes zu schaffen, muss vor ein Gericht", kritisiert etwa SPD-Politiker Carsten Schneider.

Der Ablasszahlung von Julius Bär folgen weitere grenzüberschreitende Vergleiche. Die bisher größte Summe zahlt die Schweizer UBS im Sommer 2014: Die Großbank handelt eine Geldbuße in Höhe von 300 Millionen Euro aus. Für die deutschen Steuerfahnder ist der Ankauf von Daten-CDs zu einem äußerst effizienten Mittel geworden, zumal die Zahl der Selbstanzeigen parallel rapide steigt.

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