Das Olympische Schwimmstadion in Berlin, 1936

18. August 1918 - Österreichische Schwimmerin Judith Deutsch wird geboren

Stand: 18.08.2018, 00:00 Uhr

Im Olympia-Schwimmstadion in Berlin um Gold zu kämpfen, dafür hat Judith Deutsch seit Jahren hart trainiert. Mit nur 17 Jahren gehört die Wienerin 1936 schon zu den besten Freistil-Schwimmerinnen der Welt.

Doch als Adolf Hitler die Olympischen Spiele eröffnet, ist Österreichs Sportlerin des Jahres 1935 nicht in Berlin, denn Judith Deutsch ist Jüdin. "In einem Schwimmbad anzutreten, an dem vor und nach den Spielen ein Schild 'Hunden und Juden' den Eintritt verbot, habe ich nicht gekonnt", begründet sie später ihren Verzicht auf einen Start bei den Nazi-Spielen.

Judith Deutsch, jüdische Schwimmerin (18.08.1918)

WDR 2 Stichtag 18.08.2018 04:16 Min. Verfügbar bis 15.08.2028 WDR 2


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Zivilcourage statt Karriere

Zur Zeit von Judith Deutschs Geburt am 18. August 1918 leben in Wien rund 200.000 Juden. Weil etliche Sportvereine ihnen die Mitgliedschaft verwehren, haben jüdische Sportler 1909 den SC Hakoah Wien gegründet. Deutschs sportbegeisterter Vater nimmt sie und ihre jüngere Schwester Hanni bereits im Kindesalter mit zur Hakoah (hebräisch für Kraft).

Judith erweist sich als herausragendes Schwimmtalent, ist mit 15 Jahren Rekordhalterin auf allen Kurz-, Mittel- und Langstrecken und steht in der Weltbestenliste unter den Top Ten. In Deutschland aber tritt sie seit Hitlers Machtübernahme nicht mehr an. Auch daheim wird die Lage für die jüdischen Schwimmerinnen immer bedrohlicher. Bei Wettkämpfen müssen sie von den Athleten der Hakoah-Ringerstaffel beschützt werden.

Im Juni 1936 bleibt Judith Deutsch dem Training fern und schreibt an den Österreichischen Schwimmverband: "Für mich gilt nach wie vor das, was ich schon anlässlich des von mir geforderten Gelöbnisses für das olympische Training erklärt habe. Ich kann als Jüdin an den Olympischen Spielen in Berlin nicht teilnehmen, weil mir das mein Gewissen verbietet."

Nach sechs Jahrzehnten rehabilitiert

Auf die couragierte politische Entscheidung der 17-Jährigen reagiert der Verband mit aller Härte. Judith Deutsch und zwei Klubkolleginnen werden mit einer lebenslangen Sperre sowie der Streichung sämtlicher Rekorde und Meistertitel belegt. Erst auf internationalen Druck wird die Strafe später auf zwei Jahre Startverbot reduziert.   

Noch im selben Jahr emigriert Judith Deutsch mit ihrer Familie nach Haifa, der einzigen Stadt in Palästina, in der es ein Schwimmbad gibt. Ihre alte Heimat wird sie nie wieder betreten. Erst 1995 überbringt ihr eine Delegation des Österreichischen Schwimmverbandes ein Entschuldigungsschreiben mit der Wiederanerkennung all ihrer Siege und Rekorde. Am 20. November 2004 stirbt Judith Deutsch im israelischen Herzliya.

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 18. Juli 2018 ebenfalls an Judith Deutsch. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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