Dietmar Schönherr mit Romy Schneider, Bubi Scholz, Burkhard Driest (v.r.)

18. März 1973 - Start der WDR-Talkshow "Je später der Abend"

Stand: 18.03.2018, 00:00 Uhr

Die Talkshow-Ära im deutschen Fernsehen beginnt mit einem Grundkurs in Medienkunde. "Eine Talkshow – was ist das?“ fragt Dietmar Schönherr in seiner ersten Anmoderation. Er erklärt den Zuschauern, dass 'to talk' reden heißt, was sie in der Sendung erwartet und kommt zu dem Schluss: "Das Ganze ist also sozusagen eine Rederei.“

Die Talkshow "Je später der Abend" startet (am 18.03.1973)

WDR 2 Stichtag 18.03.2018 04:15 Min. Verfügbar bis 15.03.2028 WDR 2


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TV-Gesprächsrunden gibt es da natürlich schon, meist hochintellektuell oder politisch wie der Internationale Frühschoppen mit Werner Höfer. Aber Talk als Unterhaltung mit Prominenten? Das ist für das deutsche Publikum etwas radikal Neues, als "Je später der Abend" am 18. März 1973 im WDR Fernsehen startet.

Freimütige Promi-Bekenntnisse

Vorbild für "Je später der Abend" sind die US-Talkshows von Johnny Carson und Dick Cavett. Zum Gastgeber der ersten deutschen Talkshow wird Dietmar Schönherr auserkoren. Das Publikum kennt ihn als Commander McLane von "Raumpatrouille Orion" oder als Moderator der Familienshow "Wünsch dir was".

"Je später der Abend" steht von Beginn an im Fokus der Öffentlichkeit. Nach neun Ausgaben erhält die WDR-Show einen Platz im Abendprogramm der ARD. Riesig ist das Medienecho, als Romy Schneider 1974 mit unvergesslichem Schmelz dem Autor und Bankräuber Burkhard Driest ihre Sympathie bekundet: "Sie gefallen mir. Sie gefallen mir sehr."

Auch bei Schönherrs Nachfolgern Hansjürgen Rosenbauer und Reinhard Münchenhagen provozieren Prominente mit freimütigen Bekenntnissen so manchen Eklat. Inge Meysel offenbart, wie sie ihre Jungfernschaft verlor; Regisseurin Leni Riefenstahl beweist ihre unbewältigte NS-Vergangenheit und Schauspieler Klaus Kinski kann nur mit Mühe bei Laune und im Zaum gehalten werden.

Vernichtende Kritiken

Alle drei Talkmaster bekommen von Publikum und Rezensenten regelmäßig die Leviten gelesen. "Lähmende Langeweile", "Eitle Fingernagelschau", "Gequirlte Luft" schreiben die Zeitungen. "Die Kritik war wirklich sehr, sehr heftig. Die Sendung wurde, überspitzt gesagt, völlig zusammengeschossen", meint der Buchautor und Talkshow-Experte Harald Keller.

Nach fünf Jahren ist 1978 Feierabend für "Je später der Abend“. Doch die Zuschauer sind, aller Kritik zum Trotz, auf den Geschmack gekommen; immer mehr Talkshows kommen ins Programm. Radio Bremen ist bereits seit 1974 mit "3 nach 9" auf Sendung und im WDR laden Alfred Biolek und Dieter Thoma ab 1976 zum "Kölner Treff".

Programmtipps:

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