Erster Hochofenstich

17. Dezember 1891 - Erster Hochofenabstich auf der August-Thyssen-Hütte

Stand: 17.12.2016, 00:00 Uhr

Firmenchef August Thyssen reist am 17. Dezember 1891 persönlich nach Duisburg, um dem besonderen Spektakel beizuwohnen: Um 14 Uhr wird im neuen Hüttenwerk Bruckhausen der erste Stahl "abgestochen". Mit dem neuen Betrieb - bislang gibt es ein Thyssen-Stahlwerk in Mülheim an der Ruhr - wollen die Brüder August und Josef Thyssen den Geschäftszweig erweitern. Stahl ist im ausgehenden 19. Jahrhundert ein gefragter Stoff und man hofft auf lukrative Einnahmen.

Das bis dahin beschauliche Bruckhausen, das zur Gemeinde Hamborn gehört und später mit Duisburg vereinigt wird, ist nicht zufällig gewählt. "August Thyssen war an diesem Standort bereits mit einem Bergwerk tätig", erklärt Jürgen Dzudzek, ehemaliger Bevollmächtigter der IG-Metall. Die Unternehmer hatten bis zum September 1891 sämtliche Anteile an der "Gewerkschaft Deutscher Kaiser", einem Steinkohlebergwerk in Hamborn, erworben. So sollte das neue Stahlwerk unabhängig von fremden Kohlelieferungen sein.

Stahl - Wohlstand für Unternehmer

Ein weiterer Pluspunkt für Bruckhausen ist die Nähe zum Rhein. So können die für die Produktion nötigen Erze über den Fluss gebracht werden. Hamborn bietet zudem viel freie Flächen, auf denen Hallen, Lagerplätze und Wohnungen für Arbeiter entstehen, die vom Hütten- und Walzwerk angelockt werden. "Es gab an keiner Stelle im Ruhrgebiet so ein Bevölkerungswachstum wie nach der Gründung des Hüttenwerks in Bruckhausen", erklärt Dzudzek.

Hamborn mausert sich dank Thyssen zur Industrie- und Großstadt mit 120.000 Einwohnern. Für die Unternehmer ist der neue Standort ein lohnendes Geschäft: Die Überschüsse der Thyssen-Gruppe steigen bis zum Jahr 1900 auf 6,4 Millionen Mark an. Der Gewinn bleibt weitestgehend im Unternehmen, Investitionen werden so weit wie möglich aus eigenen Mitteln finanziert, so will es August Thyssen.

Viel Arbeit, wenig Lohn für Mitarbeiter

Die meisten Mitarbeiter spüren allerdings wenig vom Boom in der Stahlindustrie zur Jahrhundertwende. Die Arbeit ist hart und schmutzig, die Löhne sind mickrig. Viele Beschäftigte müssen Geld mit Bügeln oder Untermietern dazu verdienen. Nicht selten wohnt eine sechsköpfige Familie in einem einzigen Zimmer. "Man hatte meist eigene Gärten, um überhaupt das Überleben zu garantieren", beschreibt Dzudzed den Alltag.

Dennoch bleiben viele Arbeiter dem Stahlwerk treu, Kinder und Enkelkinder gehen durch die gleichen Werkstore zur Schicht und erleben die Höhen und Tiefen in der stark konjunkturabhängigen Stahlbranche. Der Standort Bruckhausen übersteht zwei Weltkriege samt Demontage durch die Alliierten sowie etliche Wirtschaftskrisen. Heute befindet sich dort, wo 1891 der erste Thyssen-Stahl in Duisburg geschmolzen wurde, das hochmoderne Oxygenstahlwerk 1.

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