Dampflokomotive "Haspe" der nordrhein-westfälischen Selfkantbahn (Aufnahme von 2016)

1. Mai 1892 - Erster D-Zug von Berlin nach Köln

Stand: 01.05.2017, 00:00 Uhr

Ein alter Mann ist doch kein D-Zug - diese Weisheit gehört längst zum allgemeinen Sprachgebrauch. Aber: Was ist ein D-Zug eigentlich? Ein Diesel-, Dampf-, Direkt- oder, wegen seiner im Sprichwort angedeuteten Schnelligkeit, gar ein "Donnerzug"?

Eine Erklärung findet sich in den Tageszeitungen, die vom ersten Einsatz eines D-Zugs bei der Preußischen Bahn im Sommerfahrplan 1892 berichten - und auf die völlig neuartige Architektur der Waggons eingehen: "Vom 1. Mai ab sind die Tagesschnellzüge der Strecke Berlin-Köln und Berlin-Frankfurt am Main aus neuen, mit Seitengängen versehenen und durch Brücken miteinander verbundenen vierachsigen Personenwagen zusammengesetzt, welche sich durch ruhige Gangart, größere Eleganz und Bequemlichkeit auszeichnen", steht dort zu lesen.

Neu ist, dass man die Züge über die Gänge und Brücken durchschreiten kann. Entsprechend heißen sie "Durchgangswagenzüge", was sich schnell zu "Durchgangszügen“ und später dann zu D-Zügen verkürzt.

Der Schaffner als Akrobat

Die Möglichkeit des Durchschreitens der Waggons während der Fahrt ist eine kleine Sensation. In den Vorläufermodellen des D-Zugs müssen die Reisenden nämlich noch jedes einzelne Abteil von außen durch Türen betreten. Längs aller Wagen sind Laufbretter mit Haltestangen angebracht, über die der Schaffner zur Fahrkartenkontrolle balancieren und die Türen in akrobatischen Aktionen öffnen muss. Selbst als die früher gemächlich vor sich hintuckernden Züge Geschwindigkeiten von 100 Stundenkilometern erreichen, ist das noch so.

Entsprechend hoch sind die Unfallzahlen: vor allem auch, weil sich in überfüllten Zügen immer wieder Reisende auf die Trittbretter stellen. Es gibt nicht nur Verletzte, sondern auch Tote.

Vom Komfort bei der Bahn

Auch der Komfort ist in den Zügen, die zusammengesetzten Postkutschen gleichen, nicht der beste. Wer auf die Toilette gehen oder etwas essen möchte, muss bis zum nächsten Bahnhof warten. Da nur dort diese Bedürfnisse der Bahnkunden befriedigt werden können, stehen die Züge zu längeren Aufenthalten immer wieder still.

In einem komplexer werdenden Streckennetz, in dem Zeit verstärkt auch Geld bedeutet, ist das irgendwann nicht mehr tragbar. Und auch die Lösung, Bordrestaurants einzuführen, ist eher unbefriedigend: Die Reisenden sind gezwungen, am einen Bahnhof ins Zugrestaurant hinein zu hetzten – und mindestens bis zum nächsten Bahnhof sitzen zu bleiben.

Lebensretter D-Zug

Aus dieser Warte erweist sich der neue "Durchgangswagenzug" als gesundheitsfördernd, ja: lebensrettend, und ökonomisch sinnvoll. Sein Aufbau wird auch bei den Nachfolgemodellen nicht nur bei der Deutschen Bahn beibehalten. Auch ein ICE ist also eigentlich ein D-Zug. Wenn zwei ICEs aneinandergekoppelt sind, ist ein Durchgang während der Fahrt allerdings auch dort nicht möglich. Aber das ist eine andere Geschichte.

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