AWO-Veranstaltung nach dem Zweiten Weltkrieg: Marie Juchacz am Rednerpult, Franz Neumann und Ida Wolff (Aufnahmedatum unbekannt)

13. Dezember 1919 - Arbeiterwohlfahrt (AWO) wird gegründet

Stand: 13.12.2019, 00:00 Uhr

Kinderkrippen, Notspeisungen, Nähstuben - zu Kaisers Zeiten existieren solche Einrichtungen vorwiegend auf freiwilliger Basis. Bei der Institutionalisierung macht die Evangelische Kirche 1848 mit der Diakonie den Anfang. Rotes Kreuz und Caritas folgen. Das Prinzip: hier die Gönner, dort die Almosenempfänger.

Die Sozialdemokraten lehnen die aus privater Hand stammende Fürsorge zunächst ab. Armenfürsorge sei Aufgabe des Staates. Doch am 13. Dezember 1919 nimmt die Weimarer Regierungspartei SPD einen Kurswechsel vor. In Berlin wird als Unterorganisation der Partei der "Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt" gegründet.

Marie Juchacz ist treibende Kraft

Maßgebend dabei ist die SPD-Abgeordnete Marie Juchacz, die im Februar 1919 als erste Frau im Reichstag gesprochen hat. Sie setzt auch auf Selbsthilfe: Der "Hauptausschuss" bezweckt die Mitwirkung der Arbeiterschaft bei der Wohlfahrtspflege. Eigene Einrichtungen sollen staatliche Leistungen ergänzen.

1933 verbieten die Nazis die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und kassieren deren Besitz ein. Beim Neustart nach dem Zweiten Weltkrieg entsteht eine Doppel-Struktur: ein Verein mit heute 370.000 Mitgliedern sowie zehntausenden Ehrenamtlichen und parallel dazu eine bundesweite Organisation mit 220.000 Beschäftigten in 18.000 Einrichtungen.

Arbeiterwohlfahrt (AWO) gegründet (am 13.12.1919)

WDR 2 Stichtag 13.12.2019 04:15 Min. Verfügbar bis 10.12.2029 WDR 2


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Kooperation trotz Eigenständigkeit

Nur ungern lassen sich die Manager der Pflegeeinrichtungen von ehrenamtlichen AWO-Mitgliedern hineinreden, die sie beaufsichtigen sollen. Immer wieder ist auch das Verhältnis zur SPD ein Thema. Die Alliierten hatten Wert auf eine strikte Trennung gelegt: Die AWO sollte keine SPD-Abteilung mehr sein.

Aber die Kooperation existiert weiter: Es bestehen persönliche Verflechtungen zwischen örtlichen SPD-Politikern und AWO-Einrichtungen. 2019 muss etwa der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) erklären, warum seine Ehefrau als Leiterin einer AWO-Kita ein überdurchschnittliches Gehalt bezieht.

Private und öffentliche Gelder

Die historische Anbindung an die SPD ist auch der Grund, weshalb sich die AWO in die Tagespolitik einschaltet. Finanziert wird die AWO nur eingeschränkt aus eigenen Mitteln: Bei 2,50 Euro Mitgliedsbeitrag pro Monat kommt nicht viel zusammen. Die AWO wird deshalb aus Steuergeldern oder Mitteln der Beitragszahler der Sozialversicherung finanziert.

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