Franz Joseph I., österreichischer Kaiser

Stichtag

18. August 1830 - Kaiser Franz Joseph I. wird geboren

In den "Sissi"-Filmen wird Österreichs Kaiser Franz Joseph I. von Karl-Heinz Böhm gespielt und als Märchenprinz dargestellt - an der Seite von Leinwand-Partnerin Romy Schneider. In der Realität ist das Leben des Habsburger Herrschers allerdings kein Wunschkonzert.

Pflichterfüllung, Disziplin und Fleiß spielen für Österreichs Kaiser Franz Joseph I. eine zentrale Rolle. Diese Werte werden ihm praktisch ab dem ersten Tag seiner Geburt am 18. August 1830 auf Schloss Schönbrunn bei Wien vermittelt. Als designierter Thronfolger steht er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit seiner Eltern, Erzherzog Franz Karl und dessen Gattin Sophie. Die geistige und körperliche Entwicklung des Erstgeborenen wird schriftlich festgehalten. Sein Erziehungsprogramm wird von Mutter Sophie und Staatskanzler Fürst Metternich zusammengestellt. Dazu gehören Sprachen, Leibeserziehung, militärisch-strategische Grundkenntnisse und die Einführung in das Staatswesen. Als Sechsjähriger muss Franz Joseph bis zu 18 Wochenstunden absolvieren, mit sieben Jahren sind es bereits 32. Im Alter von 16 Jahren ist sein Tagesprogramm von sechs Uhr morgens bis neun Uhr abends durchstrukturiert.

Sein Amt als Kaiser tritt Franz Joseph im Dezember 1848 an, nachdem sein Onkel Ferdinand aufgrund der Märzrevolution im selben Jahre abgedankt hat. Der 18-Jährige revidiert die liberalen Reformen seines Vorgängers und herrscht bald als absoluter Monarch über ein Reich, das von Tirol bis Rumänien und von Mailand bis Krakau reicht.

Niederlagen in Solferino und Königgrätz

Die unerwartete Verlobung mit der erst 15-jährigen, "Sisi" genannten, Herzogin Elisabeth von Bayern ist ein einmaliger Ausbruch Franz Josephs aus dem Korsett seiner Kaiserrolle. Der 1854 geschlossenen Ehe entstammen zwar vier Kinder, darunter Erbprinz Rudolf, aber die Verbindung ist unglücklich. Der Kaiser gilt als pedantisch, nüchtern und wortkarg. Obwohl er sich als erster Diener des Staates versteht, hat er der Auflösung der politischen Ordnung Europas wenig entgegenzusetzen. Weil in Norditalien die Herrschaft der Habsburger infrage gestellt wird, führt Österreichs Kaiser einen Krieg gegen das mit Frankreich verbündete Königreich Sardinien-Piemont. Nach der verlorenen Schlacht von Solferino, bei der über 22.000 Österreicher sterben, muss Österreich 1859 die Lombardei abgeben.

Ähnlich verheerend verläuft für die Habsburger sieben Jahre später die Schlacht bei Königgrätz. Dort kämpft Österreich gegen Preußen, weil sie uneins über die Deutschlandpolitik sind. Franz Joseph I. tritt aus dem Deutschen Bund aus und verzichtet auf machtpolitische Ambitionen in Deutschland. Die schwere außenpolitische Niederlage schwächt den Kaiser auch innenpolitisch: Die Ungarn drängen auf Unabhängigkeit. 1867 wird aus dem Kaisertum Österreich die "kaiserliche und königliche" ("k. u. k") Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Franz Joseph ist nun kein Herrscher von Gottes Gnaden mehr, sondern König von Ungarn durch Verträge, die regelmäßig neu ausgehandelt werden müssen.

Ehefrau ermordet, Suizid des Sohnes

Der Nationalitätenstreit wird zum größten Problem im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn. Doch Franz Joseph weigert sich, den 14 Völkern des Reiches weitergehende Autonomierechte einzugestehen. "Das Geheimnis des Regierens in diesem Reich besteht darin, alle Nationalitäten in gleichmäßiger wohltemperierter Unzufriedenheit zu erhalten", lautet das Rezept eines Ministers. Doch die Aufstände ethnischer Minderheiten nehmen zu. Besonders die Gegensätze zwischen Österreich und Serbien verschärfen sich.

Auch die private Situation von Franz Joseph ist schwierig. 1898 wird seine Frau von einem italienischen Anarchisten erdolcht. Knapp zehn Jahre zuvor hat sein Sohn, Kronprinz Rudolf, Suizid begangen. Als neuer österreichischer Thronfolger rückt zwar Erzherzog Franz Ferdinand nach, doch dieser wird 1914 in Sarajewo von einem serbischen Nationalisten ermordet. Das Attentat löst den Ersten Weltkrieg aus. Die Tage des österreichischen Staatsgebildes sind gezählt: "Gott lässt mich so lange leben, damit das Ende des uralten Reiches um einige Zeit hinausgeschoben werde", so Franz Joseph I., "nach meinem Tode wird es unvermeidbar kommen." Der Kaiser stirbt am 21. November 1916 in Schönbrunn - nach 68 Regierungsjahren. Damit ist er der am längsten regierende Habsburger. Nach dem Ersten Weltkrieg endet auch die Monarchie in Österreich.

Stand: 18.08.2015

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